Lucius Annaeus Seneca über Aufgabe

  • Nicht weil es schwer ist, wagen wir es nicht, sondern weil wir es nicht wagen, ist es schwer.

Lucius Annaeus Seneca

römischer Politiker, Dichter und Philosoph

* 4 vChr Cordoba, Andalusien (Spanien)
† 65 Rom (Italien)

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Der römische Philosoph, Naturforscher und Politiker Seneca spricht nicht nur allein unseren Wagemut in seinem Zitat an, sondern vor allem auch die Konsequenzen daraus.

Vielleicht kommt auch dieser Spruch aus der stoischen Seite seiner Seele, wenn er die Dinge in ein bestimmtes Verhältnis zueinander setzt. Denn für die Stoiker als Individuum steht im Vordergrund, seinen eigenen Platz in der kosmischen Ordnung zu erkennen, was eine gute Portion Weisheit verlangt, zu der neben Selbstbeherrschung auch die Einsicht, die Gelassenheit und die Seelenruhe gehört. In solcher Stimmung kommen leicht Gedanken auf, die Tiefe der Dinge zu durchdringen. So auch die Frage, warum das, was wir tragen, eigentlich so schwer ist.

Kaum ein Mensch weilt lebenslang auf dieser Erde, ohne nicht die Erschwernisse des Lebens kennengelernt zu haben. Nicht wenigen ist sie gleich das ganze Leben aufgebürdet. Diese Last ist uns oft zu viel. Kommt dann jemand und verlangt noch mehr, dann streckt so mancher erschöpft die Flügel nieder, bevor er beginnt. Denn zu all dem, was eh schon die tägliche Belastung an seine Grenze treibt, nun auch noch weitere Wagnisse oder Erschwernisse einzugehen, ist vielen nicht mehr denkbar und möglich.

Doch was hemmt uns eigentlich wirklich? Ist es tatsächlich diese neue oder zusätzliche Aufgabe, die uns vor Augen steht? Oder ist es nicht vielmehr unsere Vorstellung davon, welche zusätzliche Last sie bedeuten könnte. Wir fürchten oft schon im Vorfeld, dass sie viel Kraft, Nerven, Zeit fordert und uns schon alleine damit überfordert. Unsere Vorstellung wird also oftmals schon vor Beginn des Kennenlernens der Realität durch negative Phantasien geprägt.

Keiner wird jemals ermessen können, wie viele Dinge oder Ereignisse ungeschehen blieben, nur weil eine persönliche Vorstellung von vornherein einen Strich durch die Rechnung einer praktischen Umsetzung machte.

Die falschen oder negativen Gedanken von der zu tragenden Last sind also die erste Hürde, die zu überwinden ist. Doch wie kommt man dazu? Etwa, in dem man erst gar nicht darüber nachdenkt? Für nicht wenige ist das tatsächlich die Lösung.

Halbvolle oder halbleere Gläser bestimmen die Richtung

Aber diese mangelnde Nachdenklichkeit muss dann auch zum eigenen Wesen passen. Diese Menschen gibt es zuhauf.

Beim Denker-Typus ist dies eher nicht der Fall. Er kann sich nicht vertrauensvoll blind auf etwas einlassen, sondern muss die Sache vorher abwägen und prüfen. Und je nach der Lebensgrundhaltung, die entweder das halbvolle oder halbleere Glas – um in der Metapher zu sprechen – favorisiert, können sich die ersten Bedenken über die anstehende Sache so hochschrauben, dass seine Vernunft ein klares Nein zum Vorhaben sagt.

Es gibt jedoch auch noch einen anderen Denk-Typus, der sich der gleichen Sache anders nähert und sie dann auch alternativ handhabt. Er sieht nicht nur das halbvolle Glas, sondern ortet zudem auch den Barkeeper mit der gut gefüllten Flasche, weiß wo die Vorräte lagern und weiß um seine Kreditwürdigkeit, sich den nächsten Drink leisten zu können. Mit anderen Worten: Er schaut verheißungsvoll auf durchaus vorhandene Kräfte und Bedingungen, die erst einmal positiv zu nutzen sind, bevor sich eine Sache als eventuell möglich oder unmöglich erweist.

Er macht sich genaue gedankliche Vorstellungen von dem, was ansteht und fokussiert sich mehr auf die mögliche Lösung als auf ein mögliches Scheitern. Er tritt der Aufgabe lösungsbereiter entgegen und wird alles in die Waagschale werfen, was ihm gegeben ist.

Solchen Menschen gelingt deshalb viel im Leben, weil sie ihr Hauptaugenmerk auf die Chance, statt auf das Versagen lenken. Wer eine solche Haltung erst einmal zu sich selbst einnimmt, der geht mit einem großen Vertrauenspaket an Kraft an die Sache heran. Hier findet sich nun eine völlig andere Arbeitshaltung oder Problemlösungs-Atmosphäre vor, als bei jenen Menschen, die allein nur auf die Schwere starren, wie das Kaninchen auf die Schlange.

Natürlich braucht man Mut, Wagemut, um etwas Neues, Unbekanntes anzugehen. Der Lohn, der aber speziell aus diesem bisher noch nie Versuchten zu verbuchen ist, ist ein wunderbares Gefühl, wieder einmal über sich selbst hinausgewachsen zu sein. Damit wird der Mensch wieder zum Schöpfer – für was oder welche Erfahrung auch immer. Er besinnt sich seiner ungenutzten Kräfte, fasst volles Vertrauen in sich selbst und erlebt oftmals, dass all die vorher vorgestellte Schwere nichts als eine Chimäre des eigenen negativen Denkens war, das durch einen Wechsel der Blickrichtung nun in konstruktive Bahnen gelenkt werden konnte.

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