Lucius Annaeus Seneca über Zeit

  • Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nützen.

Lucius Annaeus Seneca

römischer Politiker, Dichter und Philosoph

* 4 vChr Cordoba, Andalusien (Spanien)
† 65 Rom (Italien)

Gedanken von Christa Schyboll zum Zitat

Nehmen wir uns das Zitat von Seneca über die Frage der Nutzung der Zeit zu Herzen, so kommt es uns vor, als sei er einer unserer Zeitgenossen, die ein völlig zeitgemäßes Problem schildern, das wir alle doch bestens kennen. Nämlich jenem, dass wir alle behaupten oder das Gefühl haben, keine Zeit zu haben.

Lucius Annaeus Seneca lebte als Philosoph, Dramatiker und Naturforscher um die Zeit von Christi Tod bis zum Jahr 65 nach Chr. in Rom. Als Stoiker und Politiker zugleich war er einer der meistgelesenen Schriftsteller seiner Zeit. Sein eigenes wechselvolles Leben ließ ihn so manche Beobachtung und Erfahrung machen, die sich später auch in seinen philosophischen Schriften wiederfand. So war der Vielbeschäftigte unter anderem auch der maßgebliche Erzieher des späteren Kaisers Nero, dem er riet, als Herrscher Milde walten zu lassen. Das Leben des grausamen Kaisers ist Historie und Seneca selbst wurde später von ihm auch auf Befehl zur Selbsttötung aufgefordert, der er auch nachkam.

Seine Betrachtung über die Zeit mutet uns jedoch so modern an, als sei sie ein Produkt der Gegenwart. Die Zeit des Entstehens zeigt uns jedoch, dass die Menschen vor ca. 2000 Jahren ganz offenbar schon ein ähnlich problematisches Verhältnis zum Faktor Zeit und zur Zeitnutzung hatten, weil sonst die Beobachtung als solche mit diesen Worten uns nicht hinterlassen worden wäre. Es ist also nicht neu, sondern im Gegenteil uralt, dass wir Menschen mit der uns geschenkten Zeit nicht sorgsam zu haushalten wissen.

Warum wir gefühlt immer so wenig Zeit haben, liegt vor allem daran, dass wir uns so viel vorgenommen haben, was in einem bestimmten Zeitbudget einfach nicht unterzubringen ist. Also machen wir kurzerhand die falsche Schlussfolgerung, dass es am geringen Maß der Zeit liege, dass wir in die Bredouille geraten. Für Mitdenkende ist das natürlich absurd, da die Zeit ihrer Verpflichtung immer korrekt nachkommt und ihre Minuten im 60-Sekunden-Takt pünktlich einhält.

Gesunde Ausbeute der maximalen Lebensqualität

Wir versuchen wieder und wieder etwas in eine zu kleine Zeiteinheit zu pressen oder unterzubringen, dass einfach nicht funktionieren will oder kann. Ob dies nun einem persönlichen Stress, einer mangelnden Übersicht, einem schlechten Timing oder einem problematischen Organisationstalent entspringt, ist letztlich zweitrangig. Wir sehen nur: So funktioniert es nicht und… ärgern uns oft, dass es so ist.

Gleichzeitig können wir beobachten, dass viele von uns die Zeit auch an so vielen Stellen beliebig verschleudern, als stünde sie tatsächlich unbegrenzt zur Verfügung. Das machen wir durch Dösen, vielleicht einem Zuviel an Schlaf, an Müßiggang hier und da, Antriebslosigkeit, Nichtstun, Faulheit oder Bequemlichkeit. Das alles sei uns hin und wieder auch von Herzen gegönnt und kann auch gesund und entspannend sein. Die Frage jedoch betrifft das Maß, mit dem der einzelne sich diesen Stunden im Leben hingibt.

Es hängt auch mit dem Charakter, dem Aktivitätslevel und der Arbeitslust zusammen, ob man zum "nichts-nutzigen" Müßiggang mehr oder weniger oder gar viel zu viel neigt.

Sind wir ehrlich zu uns selbst, stellen viele von uns fest, dass es schon durchaus manch eine größere Zeiteinheit gab, die wir tatsächlich für etwas anderes hätten besser nutzen können, statt an ganz anderer Stelle über zu wenig Zeit zu klagen und die ewige Jammertirade aus der Tasche zu ziehen.

Ob wir viel oder wenig Zeit haben, ist zumeist keine Frage der Anzahl der uns zur Verfügung stehenden Stunden, sondern vor allem eine Frage des Bewusstseins, wie klug wir unser persönliches Zeitmanagement handhaben.

Klug handhaben wir es dann, wenn wir neben der ausreichenden Ruhe, die wir für Körper, Seele und Geist brauchen, aber auch einen ziemlich genauen Überblick darüber haben, was wir außer einer erholsamen Ruhe sonst noch wollen, warum es uns wichtig ist, welche Zeit es denn dafür bedarf und wo wir unnütze Formen von Zeitvergeudung, die uns keinen Gewinn bringt, einsparen können.

Geht man auf Spurensuche, wird man vermutlich nicht nur schnell fündig werden, sondern auch motiviert sein, die uns geschenkte Lebenszeit im gesunden Maß für Ruhe und Aktivität so zu nutzen, dass wir eine maximale persönliche Lebensqualität damit erreichen.

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