Alle, die den Krieg kennen, wissen, daß zu einem wichtigen Entschluß in der Strategie viel mehr Willensstärke gehört als in der Taktik. In der Strategie, wo alles viel langsamer abläuft, ist den eigenen und fremden Bedenken, Einwendungen und Vorstellungen und also auch der unzeitigen Reue viel mehr Raum gegönnt, und da man alles erraten und vermuten muß, ist auch die Überzeugung weniger kräftig.
Bei der Verteilung der Streitkräfte treffen sich im Grunde zwei einander entgegengesetzte Interessen. Das eine, der Besitz des Landes, strebt, die Streitkräfte zu verteilen; das andere, der Stoß gegen den Schwerpunkt der feindlichen Macht, vereinigt sie wieder.
Das russische Reich ist kein Land, das man förmlich erobern, d. h. besetzt halten kann, wenigstens nicht mit den Kräften jetziger europäischer Staaten. Ein solches Land kann nur bezwungen werden durch eigene Schwäche und durch die Wirrungen des inneren Zwiespalts.
Das Wissen muss ein Können werden.
Der Angriff besitzt seinen fast einzigen Vorzug in der Überraschung.
Der Angriff soll einem kräftig getriebenen Pfeil und nicht einer Seifenblase gleichen, die sich bis zum Zerplatzen ausdehnt.
Der Begriff der Verteidigung ist das Abwehren. In diesem Abwehren liegt das Abwarten, und dieses Abwarten ist das Hauptmerkmal der Verteidigung und zugleich ihr Hauptvorteil.
Der ganze Krieg setzt menschliche Schwäche voraus, und gegen sie ist er gerichtet.
Der Kampf im Kriege ist nicht ein Kampf des einzelnen gegen den einzelnen, sondern ein vielfach gegliedertes Ganzes.
Der Krieg ist also ein Akt der Gewalt um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen.
Der Krieg ist ein Akt der Gewalt, und es gibt in der Anwendung der Gewalt keine Grenzen.
Der Krieg ist nichts als die fortgesetzte Staatspolitik mit anderen Mitteln.
Der Krieg ist nichts anderes als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel.
Der Krieg ist nie ein isolierter Akt.
Der Mut ist doppelter Art: Einmal Mut gegen die persönliche Gefahr und dann Mut gegen die Verantwortlichkeit, sei es vor dem Richterstuhl irgendeiner äußeren Macht, oder der inneren, nämlich des Gewissens. Beide vereinigt gegen vollkommenste Art des Mutes.
Der Nationalhaß vertritt bei dem einzelnen gegen den einzelnen mehr oder weniger stark die individuelle Feindschaft. Wo aber auch dieser fehlt und anfangs keine Verbitterung war, entzündet sich das feindselige Gefühl am Kampfe selbst; denn eine Gewaltsamkeit, die jemand auf höhere Weisung an uns verübt, wird zur Vergeltung und Rache gegen ihn entflammen.
Die beste Strategie ist, immer recht stark zu sein, erstens überhaupt und zweitens auf dem entscheidenden Punkt. Daher gibt es kein höheres und einfacheres Gesetz für die Strategie, als seine Kräfte zusammenzuhalten.
Die Entschlossenheit ist im Einzelfall ein Akt des Mutes und, wenn sie zum Charakterzug wird, eine Gewohnheit der Seele.
Die Gewalt rüstet sich mit den Erfindungen der Künste und Wissenschaften aus, um der Gewalt zu begegnen.
Die höhere Stellung der Kritik, ihr Lob und Tadel nach völliger Einsicht der Sache, hat auch an sich nichts, was unser Gefühl verletzt, sondern bekommt es erst dann, wenn der Kritiker sich plötzlich hervordrängt und in einem Ton spricht, als wenn alle die Weisheit, die ihm durch vollkommene Einsicht der Begebenheiten gekommen ist, sein eigenes Talent wäre.
Die moralischen Hauptkräfte sind: Die Talente des Feldherrn, kriegerische Tugend des Heeres, völkischer Geist desselben.
Die politische Absicht ist der Zweck, der Krieg ist das Mittel, und niemals kann das Mittel ohne Zweck gedacht werden.
Die Strategie ist eine Ökonomie der Kräfte.
Ein starkes Gemüt ist nicht ein solches, welches bloß starker Regungen fähig ist, sondern dasjenige, welches bei den stärksten Regungen im Gleichgewicht bleibt, so daß trotz den Stürmen in der Brust der Einsicht und Überzeugung wie der Nadel des Kompasses auf dem sturmbewegten Schiff das feinste Spiel gestattet ist.
Es gibt Fälle, wo das höchste Wagen die höchste Weisheit ist.
Es gibt in der Regel nach einem notwendigen Halt keinen zweiten Anlauf.
Es gibt Leute, die den schönsten Blick des Geistes für die schwierigsten Aufgaben besitzen, denen es auch nicht an Mut fehlt, vieles auf sich zu nehmen, und die in schwierigen Fällen doch nicht zum Entschluß kommen können. Ihr Mut und ihre Einsicht stehen jedes für sich, bieten sich nicht die Hand und bringen darum nicht die Entschlossenheit als ein drittes hervor. Diese entsteht erst durch den Akt des Verstandes, der die Notwendigkeit des Wagens zum Bewußtsein bringt.
Es gibt strategische Angriffe, die unmittelbar zum Frieden geführt haben, aber die wenigsten sind vor der Art, und die meisten führten nur bis zu einem Punkt, wo die Kräfte eben noch hinreichen, sich in der Verteidigung zu halten und den Frieden abzuwarten.
Es ist also nach unserer Einteilung die Taktik die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Strategie die Lehre vom Gebrauch der Gefechte zum Zweck des Krieges.
Es ist im Kriege alles sehr einfach, aber das Einfachste ist schwierig.
Es sollen gerade die Schwachen, der Verteidigung Unterworfenen immer gerüstet sein.
Freiheit und Tätigkeit des Geistes werden im gewöhnlichen Menschen durch Gefahr und Verantwortlichkeit nicht erhöht, sondern heruntergedrückt.
Gehört der Krieg der Politik an, so wird er ihren Charakter annehmen.
In der ganzen Schar der Vorsichtigen befindet sich eine ansehnliche Majorität, die es aus Furchtsamkeit ist.
In der Strategie gibt es keinen Sieg. Der strategische Erfolg ist, von der einen Seite, die glückliche Vorbereitung des taktischen Sieges. Je größer dieser Erfolg ist, um so unbezweifelhafter wird der Sieg im Gefecht. Von der anderen Seite ist der strategische Erfolgt die Ausnutzung des erfochtenen Sieges.
Jeder Angriff muß mit einem Verteidigen enden.
Kann ein Schwacher gegen einen Mächtigen nicht zur Volksbewaffnung Zuflucht nehmen, so ist die Vermehrung der Artillerie das kürzeste Mittel, seine schwache Streitkraft dem Gleichgewicht zu nähern; der er erhöht das Vernichtungsprinzip.
Menschen mit wenig Verstand können nicht entschlossen sein. Sie können in schwierigen Fällen ohne Zaudern handeln, aber dann tun sie es ohne Überlegung.
Nach allem, was wir gesagt haben, werden zwei Hauptgrundsätze den ganzen Kriegsplan umfassen und allen übrigen zur Richtung dienen: Erstens, das Gewicht der feindlichen Macht auf so wenig Schwerpunkte wie möglich zu reduzieren, wenn es sein kann, auf einen; wiederum den Stoß gegen diese Schwerpunkte auf so wenig Haupthandlungen wie möglich zu reduzieren, wenn es sein kann, auf eine. Mit einem Wort, so konzentriert wie möglich zu handeln. Zweitens, so schnell wie möglich zu handeln.
Nichts geht im Kriege über Gehorsam.
Selten ist in Europa überall Frieden, und nie geht der Krieg in den anderen Weltteilen aus.
Wenn das blutige Schlachten ein schreckliches Schauspiel ist, so soll das nur eine Veranlassung sein, die Kriege mehr zu würdigen, aber nicht die Schwerter, die man führt, nach und nach aus Menschlichkeit stumpfer zu machen, bis einmal wieder einer dazwischenkommt, mit einem scharfen, der uns die Arme vom Leibe weghaut.
Wie klein und schwach ein Staat in Beziehung auf seinen Feind auch sei: Er soll sich letzte Kampfanstrengungen nicht ersparen, oder man müßte ihm sagen, es ist keine Seele mehr in ihm.
Wie überhaupt die ausgezeichneten Feldherren niemals aus der Klasse der vielwissenden oder gar gelehrten Offiziere hervorgegangen sind, sondern meistens ihrer ganzen Lage nach auf keine große Summe des Wissens eingerichtet sein konnten.
Wir müssen durchaus dabei beharren, eine Verteidigung ohne alles positive Prinzip, d. h. ohne jedes Bestreben, den Gegner niederzuwerfen, in der Strategie wie in der Taktik für einen inneren Widerspruch zu erklären. Jede Verteidigung muß nach Kräften zum Angriff übergehen, sobald sie die Vorteile der Verteidigung genossen hat.
Zwar darf man sagen, daß manches kleinliche Spiel der Leidenschaften in diesem ernsten Dienst des Lebens zum Schweigen gebracht wird. Doch gilt dies nur von den Handelnden der niederen Regionen, die, von einer Gefahr und Anstrengung zur anderen fortgerissen, die übrigen Dinge des Lebens aus den Augen verlieren, sich der Falschheit entwöhnen, weil der Tod sie nicht gelten läßt, und so zu jener soldatischen Einfachheit des Charakters kommen, die immer der beste Repräsentant des Kriegerstandes gewesen ist.