Isolde Kurz

9 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autorin

Bei denen, die man die klassischen Dichter nennt, ist durchweg die menschliche Größe der Untergrund der dichterischen Größe gewesen. Für diese Unterscheidung hat merkwürdigerweise die Nachwelt ein viel sicheres Organ als die Mitwelt, und nach ihr trifft sie die Auslese der Bleibenden.

Das Genie zeigt sich nicht im Ausdenken des Unerhörten, nie Dagewesenen, sondern daran, daß das Alte, Abgeblaßte, von ihm berührt, auf einmal wieder ganz frisch und neu wird.

Die Abhängigkeit von der Umgebung ist nur unbedingt wahr für den gemeinen Menschen. Unser 'Milieu' sind nicht die Spießbürger, die in einer Stadt mit uns leben, sondern der geistige Boden, aus dem wir unsere Nahrung ziehen. Die großen Menschen aller Zeiten, mit denen wir von klein auf verkehren, die sind's.

Die Welt ist ein Spiegel, worin ein jeder nur die eigene Seele sieht.

Immer spricht der Dilettant den Künstler als Bruder an. Der Künstler mag sich dies ruhig gefallen lassen - er hat keine Pflicht der Aufrichtigkeit gegen ihn.

Manche dichterischen Erzeugnisse haben uns, solange sie neu waren, zur Bewunderung hingerissen, aber als wir sie zehn Jahre später wieder hervorholten, sahen wir mit Schrecken, daß ihre Haut bereits zu schrumpfen begonnen hatte. Abermals zehn Jahre, und wir können sie gar nicht mehr zur Hand nehmen, so welk und runzlig sind sie unterdessen geworden. / Es sind die Hoffräulein des Rübezahl, die einen Tag lang im Sonnenlicht mit der Prinzessin lachen und spielen und vor ihr für lebendige Wesen gehalten werden, wenn aber der Abend kommt, so liegen sie tot und eingeschrumpft als welke Rüben da.

NEUE KUNST. Das Wort ist schon deshalb ein Widersinn, weil Kunst das Älteste ist, was es geben kann. Sie stammt aus den Anfängen der Menschheit, aus ihrem Spieltrieb und Kindersinn. Wo sie den verleugnet, da hat sie schon aufgehört, Kunst zu sein. Es gibt neue Kunstwerke, es kann neue Stile geben, aber keine "neue Kunst". Weder von alter Kunst redet mir noch von neuer, sondern nur von der großen, echten, ewig einen. Ihr Inhalt kann leise wechseln mit den Zeiten, ihre Mittel sind zeitlos und wechseln nie.

Nicht durch eine mehr oder minder prätentiöse Manier erweist sich die Individualität eines Künstlers, sondern durch das, was er aus der Natur als Wesentliches herausholt und was er als nebensächlich oder selbstverständlich liegen läßt. Der Inhalt selber ist der Stil; darum ist der Stil eins mit der Persönlichkeit.

Wahrhaft großes Empfinden zeigt sich nicht darin, daß man sich ausschließlich mit großen Dingen beschäftigt, sondern daß man auch das Kleinste dem Großen anzugliedern weiß.

 Top