Am Vorabend eines Krieges pflegen zwei führende Staatsmänner von zwei im Streit befindlichen Völkern allein in einem harmlosen Dorf, auf einer Terrasse am Ufer eines Sees oder in der Ecke eines Gartens zusammenzutreffen. Ab und zu weht eine leichte Brise. Sie sind einer Meinung, daß der Krieg die ärgste Geißel auf der Welt ist. Und beide, während sie die Reflexe auf den Fluten betrachten, während Magnolienblätter auf ihre Schultern fallen, sind friedlich, bescheiden, loyal. Sie beobachten einander. Sie sehen sich an. Von der Sonne durchwärmt, von dem hellen Landwein weich gestimmt, entdeckt keiner in dem Gesicht vor ihm einen einzigen Zug, der hassenswert, einen einzigen, der nicht liebenswert wäre! Nichts Unverträgliches in ihren Sprachen, in ihrer Art, sich die Nase zu reiben oder zu trinken. Sie sind vom Frieden wie von den Friedenswünschen wirklich erfüllt. Sie scheiden mit einem Händedruck und fühlen sich als Brüder. In ihren Wagen noch drehen sie sich um, um sich anzulächeln. Und am nächsten Tag bricht dennoch der Krieg aus.
Auf den Schlachtfeldern herrscht gegenseitige Achtung. Der Haß staut sich dafür in den Schulen, den Salons und bei den Krämern.
Das Gefühl vollständiger Ebenbürtigkeit, das Gefühl der seelischen und physischen Gemeinschaft mit allen Rassen und Arten, das ist Unschuld.
Der Glaube an Gott ist wie der ewige Beginn einer Liebe: Schweigen.
Die Bestimmung Frankreichs ist, der Welt lästig zu fallen.
Die Leute haben Mitleid mit anderen nur in dem Maß, wie sie Mitleid mit sich selbst hätten.
Die Liebe ist der Wunsch, geliebt zu werden.
Die Rede auf die Gefallenen des Krieges ist ein heuchlerisches Plädoyer zugunsten der Lebenden.
Die Unschuld eines Wesens ist die vollkommene Angepaßtheit an seine Welt.
Eine Frau ist ein Wesen, das selbst gefunden hat.
Ich weiß über die Gefühle anderer Menschen nicht gerne Bescheid. Nichts, was einen mehr hemmt.
In der Katastrophe nimmt sich das Unheil nur selten die Zeit, um für unser Gesicht die rechte Maske zu liefern.
Man erkennt den Irrtum daran, daß alle Welt ihn teilt.
Nie hat ein Dichter die Natur so frei ausgelegt wie ein Jurist die Wirklichkeit.
Wenn sich aber das Schicksal seit Jahren zwei Völker ausersah, wenn es beiden dieselbe Anwartschaft auf erfinderischen Geist und auf Vorherrschaft eröffnete, wenn es, wie vorhin, uns beiden auf der Waagschale kostbare Gewichte, die aber völlig verschieden wiegen, zuerteilte, um die Freude, das Gewissen und die Natur selbst zu werten, wenn es dem einen wie dem anderen durch seine Architekten, Dichter, Maler ein Königreich von Inhalten, Tönen und Nuancen geschenkt hat, das dem anderen völlig entgegengesetzt ist, wenn es sie das trojanische Balkendach und das thebanische Gewölbe, das phrygische Recht, das griechische Indigo erfinden ließ, so weiß das Weltall wohl, daß es hiermit den Menschen nicht zweierlei Farben und Entwicklungsarten zudachte, sondern sich ein Festspiel vorenthielt: Das der Entfesselung jener Hoheit, jenes menschlichen Irrsinns, aus der allein die Götter Zuversicht schöpfen.
Wer noch die Kraft hat zu lieben oder wer die Schönheit hat, dem obliegt es nicht, zu erläutern, was Liebe und Schönheit ist.
Wer seinen Willen durchsetzen will, muß leise sprechen.