Erhart Kästner

17 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Aber was kommt schon dabei heraus, wenn sie alle in fremde Länder zu reisen anfangen! Nichts; sie tragen ja doch wie die Zinnsoldaten ihr bißchen Standort mit sich herum.

Am Schluß ist das Leben nur eine Summe aus wenigen Stunden, auf die man zulebte. Sie sind; alles andere ist nur ein langes Warten gewesen.

Auskünfte haben weniger den Wert einer Information als den eines Trosts. Ein Grieche sagt niemals "nie", höchstens "avrio", morgen.

Da reist man und reist man und wird sich eines Tages bewußt, daß man auf Reisen ununterbrochen Heimweh aussteht. Gibt man das zu, so ist man Vielleicht auch zu dem Eingeständnis bereit, daß es überhaupt der verborgene Sinn allen Reisens ist, Heimweh zu haben.

Da stehen die Säulenstümpfe wie niedergebrannte Kerzen eines Gottesdiensts, der vorbei ist.

Ein Foto aufstellen. Dann ist doch jemand im Zimmer, mit dem man reden kann und der nicht stört.

Ich sah ein, was ich vordem nicht wußte, daß das Spiel in der Maske viel spannender ist als das Zeigen des nackten Gesichts.

Immer erinnerte man sich gern der alten Geschichte, wie einmal ein olympischer Kämpfer während des Wettlaufs den Gürtel löste, um schneller laufen zu können. Er siegte. Seitdem kämpfte man nackt.

Jeder bewahrt in seinem Gedächtnis eine Reihe von Tagen, an denen er durchzudringen vermochte und den Glanz der sieben Schöpfungstage erblickte. Die Knabenjahre waren reicher daran. Da war ein erster Sonnenaufgang, Tauwiesen, eine erste Hochgebirgsnacht mit brennenden Sternen, der Fall in einen Augusttag beim Baden am Fluß: Tage, in denen das Anschaun gelang.

Liebesentzückung ist Ausstieg aus Zeit.

Man muß darauf achten, richtig im Leibe der Landschaft zu sein. Nachts muß man liegen, daß man den Zug der rinnenden Wasser einhält, mit den Füßen dem Mündenden zu, im Gefälle der Quellen.

Maske ist blicklos; aber die leeren Höhlen schreien mehr nach Gesichten als Augen, die von viel Halberblicktem abgenutzt sind.

Maske: das alte Wort dafür ist Person. Ob es nun von durchtönen oder von prosopon kommt: Person ist in jedem Fall Maske.

Mit dem Auto ist ja die Kunst des Ankommens verloren gegangen.

So hat das Kind ein königliches Verhältnis zur Zeit, nämlich keins, wenn es spielt. Das ist es, was wir an der Kindheit bewundern: Ausstieg aus Zeit, Paradies.

Toren besuchen im fremden Land die Museen, Weise gehen in die Tavernen.

Zur Heilung des Mißverständnisses, als hätten unsere Olympiaden irgend etwas mit den antiken zu tun, muß man bedenken, daß keines Siegers Standbild seine eigenen Züge aufweisen durfte. Erst wenn ein Kämpfer in drei Spieljahren siegte, was so selten vorgekommen sein mag wie bei uns, war ein ähnliches Bildnis erlaubt, denn jetzt war es sicher: der Gott liebte ihn. Vordem hatte er sich seiner nur als irgendeines Namenlosen bedient.

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