Wenn ein schönes Gedicht Tränen in die Augen drängt, so sind diese Tränen nicht ein Beweis eines freudigen Überschwanges, sondern sie zeugen von einer Natur, die, in diese Unvollkommenheit verbannt, sich gleich auf der Erde schon eines geoffenbarten Paradieses bemächtigen möchte.
Der Beginnende, solange er auf bekannten Wegen fortschreitet, so lange er das Gewohnte nur eigentümlich zu gestalten such, hat einen augenblicklichen Erfolg für sich. Gelangt er dahin, sich selbst in ganzer Kraft zu erfassen, so erscheint er den meisten plötzlich ein anderer. Er verliert die Sympathien, bis die Bedeutung des neuen Weges, vielleicht nach langen Jahren erst, zum Bewußtsein gekommen ist. Der Beifall, den man spendet, gilt in der Regel nicht dem Höheren. Er gilt dem Gewohnten.
Künstler haben gewöhnlich die Meinung von uns, die wir von ihren Werken haben.
Die großen Geister werden recht erkannt / erst, wenn sie tot. Die kommenden Geschlechter / empfinden dann mit hochgequollner Brust, / daß sie verständnisvoller und gerechter. / "Wie konnte man nur jenen großen Alten / die lauteste Bewundrung vorenthalten! / Wie klein sind gegen diese Koryphäen / der Jetztzeit Epigonen und Pygmäen!" / So schwatzen sie und treiben's unverdrossen / nach altem Stil mit ihren Zeitgenossen.
Das echte Kunstwerk bildet uns, indem wir es genießen.
Auf alle Fälle, versetzte Ottilie, wäre es nicht übel, wenn man künftig in das Büchlein von guten Sitten, nach den Kapiteln, wie man sich in Gesellschaft beim Essen und Trinken benehmen soll, ein recht umständliches einschöbe, wie man sich in Kunstsammlungen und Museen zu betragen habe.
Das Publikum beklagt sich lieber unaufhörlich, übel bedient worden zu sein, als daß es sich bemühte, besser bedient zu werden.
Dem Glücklichen kann es an nichts gebrechen, / der dies Geschenk mit stiller Seele nimmt: / Aus Morgenduft gewebt und Sonnenklarheit, / der Dichtung Schleier aus der Hand der Wahrheit.
Der Kopf faßt kein Kunstprodukt als nur in Gesellschaft mit dem Herzen.
Die Frage, ob man bei Betrachtungen von Kunstleistungen vergleichen solle oder nicht, möchten wir folgendermaßen beantworten: Der ausgebildete Kenner soll vergleichen; denn ihm schwebt die Idee vor, er hat den Begriff gefaßt, was geleistet werden könne und solle. Der Liebhaber, auf dem Wege der Bildung begriffen, fördert sich am besten, wenn er nicht vergleicht, sondern jedes Verdienst einzeln betrachtet. Dadurch bildet sich Gefühl und Sinn für das Allgemeinere nach und nach aus.
Die Masse könnt Ihr nur durch Masse zwingen, / ein jeder sucht sich endlich selbst was aus. / Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen, / und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
Die Menschen glauben, die Organe, ein Kunstwerk zu genießen, bildeten sich eben so von selbst aus wie die Zunge und der Gaumen.
Empfangt das Schöne, fühlt zugleich das Gute, / eins mit dem andern wird euch einverleibt; / das Schöne flieht vielleicht, das Gute bleibt. / So nach und nach erblühet, leise, leise, Gefühl und Urteil wirkend wechselweise; / in euerm Innern schlichtet sich der Streit, / und der Geschmack erzeugt Gerechtigkeit.
Enthusiasmus suchst du bei den deutschen Lesern? Du Armer, / glücklich, könntest du auch rechnen auf Höflichkeit nur.
Erstaunend schwer ist es, sehen zu lernen, ohne selbst Hand anzulegen.
Es ist die Zeit / von einem guten Werke nicht das Maß; / und wenn die Nachwelt mitgenießen soll, / so muß des Künstlers Mitwelt sich vergessen.
Jeder Dichter baut sein Werk aus Elementen zusammen, die freilich der eine organischer zu verflechten vermag als der andere, doch kommt es auch viel auf den Beschauer an, von welcher Maxime dieser ausgeht. Ist er zur Trennung geneigt, so zerstört er mehr oder weniger die Einheit, welche der Künstler zu erringen strebt; mag er lieber verbinden, so hilft er dem Künstler nach und vollendet gleichsam dessen Absicht.
Jeder geht zum Theater hinaus, / diesmal war es ein volles Haus; / er lobt und schilt, was er gefühlt, / er denkt, man habe für ihn gespielt.
Man darf aber auch nur eine Zeitlang ruhig in einer Galerie verweilen und beobachten, nach welchen Kunstwerken sich die Menge zieht, welche gepriesen und welche vernachlässigt werden, so hat man wenig Lust an der Gegenwart und für die Zukunft wenig Hoffnung.
Man kann die Menschen sehr leicht durch tolle und unschickliche Darstellungen irre machen; aber man lege ihnen das Vernünftige und Schickliche auf eine interessante Weise vor, so werden sie gewiß darnach greifen.
Nehmen Sie einen recht aufrichtigen Dank für die schönen Zeichnungen, die Sie mir geschickt haben! Mir scheint unmöglich, die Virtuosität höher zu treiben. Ich habe mich sogleich hingesetzt und eine nachgekritzelt. Man sieht die Höhe, die der Künstler erreicht hat, nicht lebhafter, als wenn man versucht, ihm einige Stufen nachzuklettern.
Schmeichelt der Menge nur immer! Der Paroxysmus verschwindet, / und sie lacht euch zuletzt, wie nun wir einzelnen, aus.
Selbst erfinden ist schön; doch glücklich von andern Gefundnes / fröhlich erkannt und geschätzt, nennst du das weniger dein?
Sucht nur die Menschen zu verwirren, / sie zu befriedigen ist schwer!
Trotz aller meiner Bestrebungen bin ich freilich kein Künstler geworden, aber indem ich mich in allen Teilen der Kunst versuchte, habe ich gelernt, von jedem Strich Rechenschaft zu geben und das Verdienstliche vom Mangelhaften zu unterscheiden.
Und wie der Mensch nur sagen kann: Hier bin ich! / daß Freunde seiner schonend sich erfreuen, / so kann ich auch nur sagen: Nimm es hin!
Was belohnet den Meister? Der zart antwortende Nachklang / und der reine Reflex aus der begegnenden Brust.
Was bildet schneller, was muntert reiner und lebhafter auf als freundschaftliche Teilnahme.
Was der Künstler tut oder getan hat, setzt uns in die Stimmung, in der er selber war, als er es machte. Eine freie Stimmung des Künstlers macht uns frei, dagegen eine beklommene macht uns bänglich.
Was heute wirkt, es wirkt aufs ganze Leben.
Was hilfts, wenn ihr ein Ganzes dargebracht? / Das Publikum wird es Euch doch zerpflücken.
Was wär ich / ohne dich, / Freund Publikum? / All mein Empfinden Selbstgespräch, / all meine Freude stumm.
Weit darf man nicht ins deutsche Publikum hineinhorchen, wenn man Mut zu arbeiten haben will.
Wenn diesen Langeweile treibt, / kommt jener satt vom übertischten Mahle, / und, was das Allerschlimmste bleibt, / gar mancher kommt vom Lesen der Journale. / Man eilt zerstreut zu uns wie zu den Maskenfesten, / und Neugier nur beflügelt jeden Schritt; / die Damen geben sich und ihren Putz zum besten / und spielen ohne Gage mit. / Was träumet Ihr auf Eurer Dichterhöhe? / Was macht ein volles Haus Euch froh? / Beseht die Gönner in der Nähe! / Halb sind sie kalt, halb sind sie roh.
Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen, / ein Werdender wird immer dankbar sein.
Wie schwer ist es, was so natürlich scheint, eine gute Statue, ein treffliches Gemälde an und für sich zu beschauen, den Gesang um des Gesangs willen zu vernehmen, den Schauspieler im Schauspiel zu bewundern, sich eines Gebäudes um seiner eigenen Harmonie und seiner Dauer willen zu erfreuen.
Willst du in Deutschland wirken als Autor, so triff sie nur tüchtig; / denn zum Beschauen des Werks finden sich wenige nur!
Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen / Gelassen da und möchten gern erstaunen.
Kunst üben kann nur der Erkorene, / Kunst lieben jeder Erdgeborene.
Man muß das Publikum zu sich heraufholen; man darf nicht zu ihm hinuntersteigen.
Das Publikum läßt sich nur von berühmten Leuten langweilen.
Der Realist will das Publikum ohrfeigen, der Idealist will dasselbe berauschen. Manche Leute ziehen einen Rausch einer Ohrfeige vor.
Narr, du prahlst, ich befried'ge dich nicht! Am Mindervollkommnen / sich erfreuen zeigt Geist, nicht am Vortrefflichen, an!
Wer einen Dom zehnmal gesehen hat, der hat etwas gesehen. Wer zehn Dome einmal gesehen hat, der hat nur wenig gesehen. Und wer je eine halbe Stunde in hundert Domen verbracht hat, der hat gar nichts gesehen.
Werke von großen Geistern sind Spiegel: Wenn ein Affe hineinguckt, kann kein Apostel heraussehen.
Jeder einzelne im Publikum ist ein Esel, aber alle zusammen sind sie die Stimme Gottes.
Ein Kunstwerk schön finden heißt, den Menschen lieben, der es hervorbrachte.
Es ist etwas Herrliches, wenn in das Händeklatschen einer Menge jenes Elementare kommt, das ich das Mark des Beifalls nennen möchte.
Wenn ich so die kleinen Dampfer die riesigen Kähne vorüberschleppen sehe, muß ich immer an den Dichter und das Publikum denken.
Ein Kunstwerk wird auf den Genießenden nicht mehr Seelenstimmung übertragen, als bei seiner Schöpfung aufgewendet wurde.