Egon Friedell

19 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Bei einem Denker sollte man nicht fragen: welchen Standpunkt nimmt er ein, sondern: wie viele Standpunkte nimmt er ein? Mit anderen Worten: hat er einen geräumigen Denkapparat oder leidet er an Platzmangel, das heißt: an einem "System"?

Das Volk will niemals die Freiheit. Erstens: Weil es gar keinen Begriff von ihr hat. Und zweitens: Weil es mit ihr gar nichts anfangen könnte.

Das, was war, wirkt auf uns allemal tiefer, als das, was ist.

Der wahrhaft Geldgläubige verehrt das Geld nicht, weil man sich damit alles kaufen kann, sondern weil es seine höchste Instanz, sein Polarstern, der Sinngeber seines Daseins ist.

Die Genies haben immer denselben Leidensweg zu durchmessen: vom Kasperl zum Seminar.

Die große Majorität der Menschheit würde der trostlosesten Langeweile verfallen, wenn sie nicht durch tausend Zwangsmaßregeln von sich selbst und ihrer inneren Leere abgelenkt würde.

Dummheit ist ein gutes Ruhekissen.

Eine Welt ohne Gott ist nicht nur die unsittlichste, sondern auch die unkomfortabelste, die sich ersinnen läßt.

Es gibt eine bestimmte, ziemlich kleine Zahl von unveränderlichen Wahrheiten. Aber die Stellung, die die einzelnen Menschen zu diesen Wahrheiten einnehmen, ist eine recht verschiedenartige. Der Durchschnittsmensch zweifelt sie an. Das Talent macht den vergeblichen Versuch, sie zu vermehren. Und das Genie wiederholt sie.

Es gibt Menschen, die selbst für Vorurteile zu dumm sind.

In Österreich wird man nur zum großen Mann, wenn man etwas auffällig nicht tut.

Jede Wahrheit tritt zuerst als Irrlehre in die Welt, denn die Welt ist immer von gestern.

Kultur ist Reichtum an Problemen, und wir finden ein Zeitalter um so aufgeklärter, je mehr Rätsel es entdeckt hat.

Nach welchen Gesetzen die Natur wirklich verfährt, werden wir selbstverständlich niemals erfahren. Darwin hat nicht mehr Recht als Moses; nicht die Natur ist darwinistisch, aber der heutige Mensch ist es.

Nur beim Dilettanten decken sich Mensch und Beruf.

Sind die Frauen tief? Daß man einem Wasser nicht auf den Grund blicken kann, beweist noch nicht, daß es tief ist.

So befremdend es klingen mag: auch die Photographie wird einmal als etwas höchst Subjektives erkannt werden. Denn es ist ein Irrtum zu glauben, dass die Kamera ein toter Apparat sei, der unserem Willen vollkommen entrückt ist: diese scheinbar so exakten Lichtbilder werden höchstwahrscheinlich einer späteren Zeit wie ungeheure Karikaturen vorkommen.

Tatsächlich ist der Darwinismus eine dialektische Konstruktion, ja eine Art Religion mit sehr ausgebildeter Mythologie und Dogmatik.

Unsere Mythologie lesen wir täglich dreimal in der Zeitung.

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