Martin Kessel

36 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

An einem Kunstwerk ist alles verständlich und selbstverständlich außer der Kraft, die es hervorgebracht hat.

Aphorismen in die Welt senden heißt nach einem Nicken des Einverständnisses fahnden.

Bei Erfindungen ist der Erste immer der Dumme; den Ruhm kassiert der Zweite, und das Geschäft macht erst der Dritte.

Bei furchtbaren Schicksalsschlägen das ganz Gewöhnliche tun, das hilft uns über den Abgrund.

Das Beste, was diese Welt bietet, ist die Sehnsucht nach einer anderen.

Das Edle liegt in der Art, wie einer Pflicht genügt wird.

Das ist der Witz ihrer Nächstenliebe: Nie den zu lieben, der da ist, sondern immer nur den Nächsten, der kommen soll.

Das Zynische ist das nichts als Gekonnte.

Der echte Charakter liebt die Entscheidung; er legt sich fest, und zwar durch die Tat.

Der Weise ist der ins Geheimnis der Welt Entrückte.

Der Weise ist imstande, den Zufall einzubeziehen in sein System wie ein phantasierender Musiker einen fehlgegriffenen Ton, indem er ihn zur Eröffnung eines neuen Ausblickes, eines neuen harmonischen oder disharmonischen Reizes benutzt.

Die Barockpoetik behielt den Standespersonen das Trauerspiel vor, das Lustspiel den unteren Schichten. Wahrlich, es ist immer ein Trauerspiel, mitanzusehen, wie man regiert wird, und immer ein Lustspiel, mitzuerleben, wie man sich trotzdem durchschlägt.

Die Echtheit einer Tat zeigt sich an der Art, wie sie dem Täter die Kraft zurückgibt, ebenbürtig jener, die zur Vollbringung der Tat von ihm aufgewandt werden mußte.

Die große Kunst ist politisch dank ihrer lebensbestimmenden Kraft; sie gibt ein Beispiel, wodurch sie urteils-, gefühls- und geschichtsbildend wirkt.

Die Jugend verachtet die Folgen; darauf beruht ihre Stärke.

Die Statistik ist das Märchen der Vernunft.

Ehrgeiz muß in Einklang mit einer natürlichen Fähigkeit stehen, sonst ist er gräßlich.

Einen Schuß Wüste braucht der Mensch - um des Glücks der Oase willen.

Hoffnungen, Pläne und Illusionen sind Verjüngungselemente des Lebens. Es sind Morgenröten, deren Glanz immer wieder bezaubert.

Je größer die Worte, um so leichter geht man durch sie hindurch.

Je reifer die Weisheit, umso größer der Genuß an jenen Momenten, in denen sie auf eine Dokumentation ihrer selbst verzichtet.

Jede Gegenwart ist ein Verhör, jede Zukunft ein Urteil.

Kunst ist das, was übrigbleibt, nachdem alles an ihr bis ins Letzte analysiert worden ist.

Man ist in dem Maße zur Freiheit reif, als man zur Selbstkritik fähig ist.

Man muß viel Ferne getrunken haben, um den Zauber des Nächsten zu fassen.

Man verachtet nur dort, wo man nicht stark genug ist, zu lachen.

Manche Errungenschaften der neuesten Mathematik wirken wie Scherze der Definition. Es ist. als sage man etwa: Die Ebene ist eine Grube von unbegrenzter Flachheit. Oder: Die Gerade ist eine ins Streckbett verbannte Kurve. Oder: Gegenwart entsteht, indem man der Zukunft vorenthält, was man der Vergangenheit wegnimmt.

Ratschläge sind wie abgetragene Kleider: man benützt sie ungern, auch wenn sie passen.

Rechte Ferienfreuden sind nur dort zu genießen, wo andere im Alltag stehen und dessen Mechanik bestreiten. Da hat der Tourist sein Glück; er macht seine Funde, er blickt der Tätigkeit ins Herz, lernt Sitten und Gebräuche kennen. Gewiß, er bleibt an seine Optik gebunden, er ist stets nur Kalif und kann jederzeit wieder ausscheren aus dem Alltagsgefüge. Aber er sieht wenigstens, was zu sehen ist. Wo hingegen alle auf Urlaub sind, an Ferienplätzen, in Heimen, in Sanatorien, am Strand, dort herrscht nur der Maskenball.

Tatsachen werden eingeseift, Ideen rasiert.

Verliebte gehen aufeinander zu, sie treffen einander; Verheiratete sind parallel ausgerichtet; sie begegnen einander erst wieder bei Scheidung oder Tod.

Viele kümmern sich um die Öffentlichkeit, weil sie es aufgegeben haben, sich um sich selbst zu kümmern.

Wer liebt, hat ein großes Geschenk zu verwalten.

Willst du wissen, woraus die Menschheit besteht? Aus denen, die sich nicht um dich kümmern.

Wo wir lieben, gedeiht auch unser Talent.

Wäre es überhaupt möglich, eine Erfahrung zu machen, ohne eine Illusion gehabt zu haben!

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