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Angelus Silesius
deutscher Lyriker und Theologe (1624 - 1677)
89 Zitate, Sprüche & Aphorismen
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Die Ros ist ohn Warum. sie blühet, weil sie blühet. / Sie acht nicht ihrer selbst. fragt nicht, ob man sie siehet.
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Halt an, wo laufst du hin, der Himmel ist in dir: / Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.
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Mensch werde wesentlich: denn wann die Welt vergeht / So fällt der Zufall weg / das wesen das besteht.
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Freund, so du etwas bist, so bleib doch ja nicht stehn: / Man muß aus einem Licht fort in das andre gehn.
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Mensch, was du liebst, in das wirst du verwandelt werden. / Gott wirst du, liebst du Gott, und Erde, liebst du Erden.
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Wird Christus tausendmahl zu Bethlehem gebohrn / Und nicht in dir; du bleibst noch Ewiglich verlohrn.
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Die Seele ist ein Kristall, die Gottheit ist ihr Schein, / der Leib, in dem du lebst, ist ihrer beider Schrein.
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Bezähme deinen Zorn und lasse dem die Rache, / der besser als du selbst kann führen deine Sache!
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Das größte Wunderding ist doch der Mensch allein: / Er kann, nachdem er's macht, Gott oder Teufel sein.
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Du suchst das Paradies und wünschest hinzukommen, / wo du von allem Leid und Unfried bist entnommen. / Befriedige dein Herz und mach es rein und weiß, / so bist du selbst noch hier dasselbe Paradies.
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Mensch, alles außer Dir, das gibt Dir keinen Wert. / Das Kleid macht keinen Mann, der Sattel macht kein Pferd.
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Ein Reis vom Narrenbaum trägt jeder, wer er sei. / Der eine deckt es zu, der andre trägt es frei.
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Der nächste Weg zu Gott ist durch der Liebe Tür. / Der Weg der Wissenschaft bringt dich gar langsam für.
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Der Himmel senket sich, er kommt und wird zur Erden. / Wann steigt die Erd' empor und wird zum Himmel werden?
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Zwei Augen hat die Seel': Eins schauet in die Zeit, / das andre richtet sich hin in die Ewigkeit.
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Es ist doch keine Lust und keine Seligkeit, / die übertreffen kann der Liebe Süßigkeit.
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Die Buß ist wie ein Strom. Sie dämpft mit ihren Wellen / den größten Gotteszorn und löscht das Feuer der Höllen.
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Die Rachgier ist ein Rad, das nimmer stille steht. / Je mehr es aber läuft, je mehr es sich vergeht.
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Mein bester Freund, mein Leib, der ist mein ärgster Feind; / er bindt und hält mich auf, wie gut er's immer meint. / Ich haß und lieb ihn auch, und wenn es kommt zum Scheiden, / so reiß ich mich von ihm mit Freuden und mit Leiden.
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Dort in der Ewigkeit geschieht alles zugleich, / es ist kein Vor noch Nach wie hier im Zeitenreich.
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Der höchste Friede, den die Seele kann genießen, / ist, wenn man sich kann eins mit Gottes Willen wissen.
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Das Tröpflein wird das Meer, wenn es ins Meer gekommen, / die Seele Gott, wenn sie in Gott ist aufgenommen.
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Mensch, gibst du Gott dein Herz, er gibt dir seines wieder: / Ach, welch ein wertrer Tausch! Du steigest auf, er nieder.
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Wer Gott liebt, schmeckt schon hier seins Geistes Süßigkeit, / wer aber ihn nur fürcht', der ist davon noch weit.
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Die Liebe, wenn sie neu, braust wie ein junger Wein: / Je mehr sie alt und klar, je stiller wird sie sein.
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Christ, so du kannst ein Kind von ganzem Herzen werden, / so ist das Himmelreich schon deine hier auf Erden.
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Daß der gerechte Mensch wächst wie ein Palmenbaum, / verwunder ich mich nicht: Nur daß er findet Raum.
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Der Reiche, wenn er viel von seiner Armut spricht, / so glaub es ihm nur gern, er leugt wahrhaftig nicht.
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Die Lieb' ist's schnellste Ding; sie kann für sich allein / in einem Augenblick im höchsten Himmel sein.
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Es kann in Ewigkeit kein Ton so lieblich sein, / als wenn des Menschen Herz mit Gott stimmt überein.
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Mensch, wenn du noch nach Gott Begier hast und Verlangen, / so bist du noch von ihm nicht ganz und gar umfangen.
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Die Lieb ist Flut und Glut: Kann sie dein Herz empfinden, / so löscht sie Gottes Zorn und brennt hinweg die Sünden.
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Der Glaub allein ist tot; er kann nicht eher leben, / bis daß ihm seine Seel, die Liebe, wird gegeben
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Viel haben ist nicht reich. Der ist ein reicher Mann, / der alles, was er hat ohn' Leid verlieren kann.
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Wer Gott um Gaben bitt', der ist gar übel dran: / Er betet das Geschöpf und nicht den Schöpfer an.
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Die Liebe geht zu Gott unangesagt hinein, / Verstand und hoher Witz muß lang im Vorhof sein.
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Der Weise, wann er stirbt, begehrt in Himmel nicht: / Er ist zuvor darin, eh ihm das Herze bricht.
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Tod ist der Sünden Sold, Gott ist der Tugend Lohn; / erwirbst du diesen nicht, so trägst du den davon
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Wenn ich in Gott vergeh, so komm ich wieder hin, / wo ich von Ewigkeit vor mir gewesen bin.
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Die Einsamkeit ist not. Doch sei nur nicht gemein, / so kannst du überall in einer Wüste sein!
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Die Braut verdient sich mehr mit einem Kuß um Gott / als alle Mietlinge mit Arbeit bis in'n Tod.
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Die Welt ist meine See, der Schiffmann Gottes Geist, / das Schiff mein Leib; die Seel' ist's, die nach Hause reist.
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Mensch, stirbest du nicht gern, so willst du nicht dein Leben; / das Leben wir dir nicht als durch den Tod gegeben.
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Geschäftig sein ist gut, viel besser aber beten, / noch besser stumm und still vor Gott den Herren treten.
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Kein Ding ist auf der Welt so hoch und wert zu achten / als Menschen, die mit Fleiß nach keiner Hoheit trachten.
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Mensch! Ein vollkommener Christ hat niemals rechte Freud / auf dieser Welt. Warum? Er stirbet allezeit.
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Der Weise fehlet nie; er trifft allzeit das Ziel: / Er hat ein Augenmaß, das heißet: Wie Gott will.
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Der Weise suchet Ruh und fliehet das Getümmel, / sein Elend ist die Welt, sein Vaterland der Himmel.
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Mensch, ist was Guts in dir, so maße dichs nicht an; / sobald du dir's schreibst zu, so ist der Fall getan.
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Man kann den höchsten Gott mit allen Namen nennen, / man kann ihm wiederum nicht einen zuerkennen.