Sigmund Graff

132 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Man sagt fast jeder Frau etwas Hübsches, wenn man eine andere Frau kritisiert.

Man suggeriert den Völkern bisweilen, daß sie eine Ehre hätten, um sie von ihren Interessen abzulenken. Und umgekehrt.

Man wird bekannt, sobald sich die Öffentlichkeit unseren Vornamen merkt, aber nur äußerst selten so bekannt, daß sie ihn wieder vergißt.

Manche Ehen gehen an der beiderseitigen Unfähigkeit zugrunde, sich auszusprechen. Sie schweigen sich tot.

Mit einer häßlichen Frau lebst sich's oft hübsch. Sie überschüttet uns mit den ihr entgangenen Zärtlichkeiten, und der Glut ihrer Umarmungen ist anzumerken, daß sie sich an den Männern, die sie verschmäht haben erbarmungslos rächt.

Mut beruht vielfach auf Phantasielosigkeit. Man kann sich keine Vorstellung von der Situation machen, in die man gegebenenfalls durch ihn versetzt wird.

Nach der schönen Frau dreht man sich manchmal kurz um. Die charmante hinterläßt ein inneres Bild in uns, das uns lange begleitet.

Nicht wenn jeder tun oder sagen kann, was er will, sondern wenn man den Eindruck hat, daß es allen gleich gut oder gleich miserabel geht, sind die meisten mit den Zuständen zufrieden.

Obwohl Geldgeschenke "unfein" sind, respektieren sie doch mehr als alle anderen den Willen des Beschenkten. Zweifellos wird Geld nur deshalb nicht gern geschenkt, weil man befürchtet, die Erinnerung an den Spender könnte schneller verblassen, als wenn sie mit irgendeinem deplacierten Gegenstand verknüpft ist.

Schlechte Theaterstücke können durch eine hervorragende Darstellung gerettet, gute nicht durch die miserabelste Aufführung umgebracht werden.

Theater ist ein Vergnügen am Besserwissen sowie an den Schwierigkeiten der auftretenden Personen.

Tradition ist das Ruhekissen der Urteilskraft.

Unglück wird häufig noch bitter, wenn es ein anderer schonend "Pech" nennt.

Unter dem, was fast allen Politikern als unfaßbares Unglück für Volk und Vaterland zu erscheinen pflegt, steht der Verlust ihres Abgeordnetenmandates obenan.

Unter den Muskelpartien, deren Leistung der Sport bis an die Grenzen des Menschlichen hinausgeschoben hat, darf die Zunge der Rundfunkreporter nicht vergessen werden.

Verwandte hassen sich manchmal so tief, weil es ihnen nicht gelingen will, den anderen völlig aus ihrem Herzen zu verstoßen.

Wahrscheinlich wäre es möglich, mindestens in unseren Großstädten Filmbühnen mit "klassischem Repertoire" zu eröffnen, wenn es nicht unmöglich wäre, einen Film, wie jedes Theaterstück, in jeder Aufführung neu den Reaktionen des Publikums und dem jeweiligen Zeitempfinden anzupassen. An der Unveränderlichkeit der gedrehten Szene scheitert der Filmruhm.

Was andere über uns reden, beurteilen wir gerechter, wenn wir uns darauf zu besinnen vermögen, mit welcher Oberflächlichkeit wir uns gelegentlich selbst über andere äußern. Der Alltag wimmelt von wechselseitigen kleinen Verdächtigungen, die ihn für die meisten erst vergnüglich machen.

Was Leute für Ruhm halten, ist gewöhnlich nur Publizität.

Wenn die Frauen ein Gefühl für ihre wahren Rechte und Freiheiten besäßen, würden sie sich mit der ganzen Leidenschaftlichkeit ihres Geschlechts dagegen auflehnen, daß ihnen der Staat verbietet, ein zu ihrem Körper gehörendes embryonales Wesen töten zu lassen, solang er sich erlaubt, dasselbe zur schönsten Menschenblüte heranwachsende Wesen zwanzig oder dreißig Jahre später, gegebenenfalls in einen Krieg zu schicken und dort töten zu lassen.

Wenn eine Hand die andere wäscht, pflegen beide schmutzig zu werden.

Wenn es die Ballkunst wäre, was die Fußballanhänger begeistert, müßte jedes Trainingsspiel überlaufen und manches Meisterschaftsspiel uninterssant, wenn nicht abstoßend sein.

Wenn gelegentlich etwas Altmodisches wieder Mode wird, merken wir, wie bezaubernd unsere Großmütter gewesen sein müssen.

Wenn man der Masse schmeicheln will, nennt man sie Volk. Wenn man das Volk regieren will, betrachtet man es als Masse.

Wenn wir den Charme einer Frau entdecken, haben wir bereits das erste winzige Geheimnis mit ihr.

Wer allen mißtraut, pflegt am wenigsten vor sich selbst auf der Hut zu sein.

Wie wir von manchen Menschen verkannt werden, beweisen uns nicht selten ihre Geschenke.

Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach den Gefühlen, die sie in uns auslösen.

Während bei jedem mittleren Verkehrsunfall versucht wird, den gesamten Hergang zu rekonstruieren und die Schuldfrage zu klären, hält man es allgemein für überflüssig, den Ablauf überraschend zum Tode oder zu irreparablen Schäden führender Heilbehandlungen unter die Lupe zu nehmen. Wer mißt die Bremsspuren eines Arztes (gegenüber einem in seiner Obhut rasant fortschreitenden Leiden) nach? Was geschieht, wenn seine "Unfallkurve" in erschreckender Weise ansteigt, und wer registriert diese überhaupt? Führen die Gesundheitsämter eine Statistik, aus der man, ähnlich wie beim Kauf eines Grundstückes auf dem Grundbuchamt, die "Belastung" der zur Wahl stehenden approbierten Helfer ablesen könnte? Wo ist die Heilsünderkartei, bei der ein Gericht Auskunft einzuholen vermöchte? Wer zieht den mörderischen Medizinmann erforderlichenfalls aus dem Verkehr?

Während es dem Ehrgeizigen vorwiegend um Anerkennung zu tun ist, geht es dem Streber um die Erlangung klarer Vorteile und entsprechender Positionen. Der Ehrgeizige wird durch seine verhaltene Glut, der Streber durch seine verhaltene Kälte gekennzeichnet.

Zu den wenigen Vorzügen der Diktatur gehört es, daß sie den Freiheitssinn lebendig erhält.

Zu guten Beziehungen kommt man am schnellsten, wenn man den Anschein erweckt, sie zu besitzen.

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