Alle Spekulation, vielleicht alles Philosophieren ist nur ein Denken in Spiralen: Wir kommen wohl höher, aber nicht eigentlich weiter, und dem Zentrum der Welt bleiben wir immer gleich fern.
Alles, was die Seele durcheinanderrüttelt, ist Glück.
Anarchie wäre der wünschenswerte Zustand, wenn die Menschen Maschinen oder Götter wären. Aber dann müsste sie nicht erst gepredigt werden. Sie wäre eben da.
Anführungszeichen sind oft nichts als eine faule Ausrede, mittels deren der Autor die Verantwortung für eine Banalität, die ihm in die Feder kam oder für die ihm nichts Besseres einfiel, dem schlechten Geschmack seiner Zeitgenossen aufzubürden versucht.
Auch das Chaos gruppiert sich um einen festen Punkt, sonst wäre es nicht einmal als Chaos da.
Auch das ist Lüge und oft die kläglichste von allen: Sich anzustellen, als wenn man einem Lügner seine Lüge glaubte.
Auch der Dilettant hat zuweilen Einfälle, die selbst den Anspruchs vollen zu verblüffen imstande sind. Aber im Gegensatz zum Künstler vergisst er meistens, dass der Einfall nichts ist als notwendige Voraussetzung und oft nichts anderes bedeutet als eine Versuchung, die auch in den Abgrund führen kann.
Auch der erste Schritt gehört zum Wege.
Aufgabe der Erziehung wäre es, den metaphysischen Hunger der Menschheit durch Mitteilung von Tatsachen mit weisem Maß zu stillen, statt ihn durch Märchen, was ja die Dogmen sind, zu betrügen.
Beklagenswert, der nicht sein Leben, sondern seine Autobiographie lebt.
Bereit sein ist viel, warten können ist mehr, doch erst: Den rechten Augenblick nützen ist alles.
Das sind unangenehme Leute, die, statt dem Führer dankbar zu sein, der sie an einen schönen Aussichtspunkt geleitete, sich gebärden, als hätten sie diesen Punkt soeben erst entdeckt, und am Ende gar ihrem Führer, wenn er nicht laut genug in ihre Begeisterung einstimmt, seinen Mangel an Naturempfindung vorwerfen.
Das Wesen eines Menschen lässt sich durch drei schlagkräftige Anekdoten aus seinem Leben vielleicht mit gleicher Bestimmtheit berechnen wie der Flächeninhalt eines Dreiecks aus dem Verhältnis dreier fixer Punkte zueinander, deren Verbindungslinien das Dreieck bilden.
Das Wichtigste im Verkehr mit Menschen: ihnen ihre Ausreden wegräumen.
Deine schlimmsten Feinde sind keineswegs die Leute, die anderer Ansicht, sondern die der gleichen sind wie du, aber aus verschiedenen Gründen, aus Vorsicht, Rechthaberei, Feigheit verhindert sind, sich dieser Ansicht zu bekennen.
Der Haß der Größe gegen die Kleinheit / ist Ekel, der Haß der Kleinheit gegen / die Größe Neid.
Die Anteilnahme der Nebenmenschen an unserem Schicksal ist Schadenfreude, Zudringlichkeit und Besserwisserei in wechselndem Gemisch.
Die Lebenslüge manchen Staates wie manchen Individuums: Dass sie den Bankrott noch erwarten, ja sogar sein Ausbleiben noch für möglich halten zu einer Zeit, da sie schon mitten darinnen stehen.
Die Probleme der Sittlichkeit liegen auf dem Gebiet der Verantwortung, die der Sitte auf dem der Tradition.
Die Sentimentalität ist das Alibi der Hartherzigen.
Die Stärke des Charakters ist oft nichts anderes als eine Schwäche des Gefühls.
Dilettant sein, das heißt: seiner eigenen Einfälle nicht wert, aber auf sie stolz sein.
Ein Abschied schmerzt immer, auch wenn man sich schon lange darauf freut.
Ein ernster Mensch sein und keinen Humor haben, das ist zweierlei.
Ein geschickter Akrobat kann von Tag zu Tag geschwindere Purzelbäume schlagen und immer mehr. Das hat aber mit Vervollkommnung oder mit Entwicklung nichts zu tun.
Ein neuer Gedanke - das ist meist eine uralte Banalität in dem Augenblick, da wir ihre Wahrheit an uns selbst erfahren.
Es ist ein Glück, dass wir im Allgemeinen Genaueres nur von unseren Eltern, bestenfalls noch von unseren Großeltern wissen. Wäre uns auch von unseren entfernteren Ahnen so viel bekannt, dann gäbe es wohl keinen Charakterfehler und keine Schurkerei, die wir nicht mit unserer erblichen Belastung zu rechtfertigen suchten.
Heilige hat es immer gegeben, niemals aber noch einen Menschen, der das Recht gehabt hätte, einen andern Menschen heilig zu sprechen.
Herabgekommene menschliche Beziehungen, Liebesbeziehungen ganz besonders, haben zuweilen wie verarmte Adelige ihren lächerlichen oder auch rührenden Bettlerstolz, den wir in jedem Falle achten, am wenigsten aber durch eine zur Schau getragene Teilnahme verletzen sollten.
Hüte dich vor den Bescheidenen; - du ahnst nicht, mit welch gerührtem Stolz sie ihre Schwächen hegen.
Im Herzen jedes Aphorisma, so neu oder paradox es sich gebärden möge, schlägt eine uralte Wahrheit.
In den Beziehungen zwischen Menschen gibt es so wenig einen Stillstand wie im Leben des Einzelnen.
In einer kranken Beziehung haben wir wie in einem kranken Organismus auch das scheinbar Nichtigste als Symptom der Krankheit zu deuten.
In jeder wirklich guten Anekdote steckt der Keim zu einem Mythos, jede dichterische Allegorie nimmt die Richtung auf ein Symbol zu.
Jede gefühlsmäßige Beziehung zu Gott ist sinnlos, Auflehnung nicht minder als Ergebung, denn der Altar, vor dem wir im Staube liegen, wie der, den wir zertrümmern wollen - wir sind es immer selbst, die ihn aufgerichtet haben.
Jeder Augenblick des Lebens ist an sich so seltsam, dass er überhaupt nicht zu ertragen wäre, wenn wir imstande wären, diese Seltsamkeit in der Gegenwart ebenso deutlich zu empfinden, wie sie uns in der Erinnerung und in der Erwartung meistens zu erscheinen pflegt.
Jeder Dichter ist Realist und Idealist, Impressionist und Expressionist, Naturalist und Symbolist zugleich, oder er ist überhaupt keiner.
Jeder Wolkendunst unserer Jugend, der sich harmlos zu verziehen schien, kommt irgendwann einmal als Gewitter wieder.
Jedes Wort hat fließende Grenzen. Diese Tatsache zu ästhetischer Wirkung auszunützen ist das Geheimnis des Stils.
Kein Antlitz ist hässlich, in dessen Zügen sich die Fähigkeit zu einer echten Leidenschaft und die Unfähigkeit zu einer Lüge ausdrückt.
Keinen Anlass zur Lüge haben, heißt noch nicht: aufrichtig sein.
Le style c'est l'homme: Dieses Wort ist so wahr, daß der Schreibende sich am sichersten dort zu verraten pflegt, wo er sich am ängstlichsten zu verstellen trachtete.
Lebensklugkeit bedeutet, alle Dinge möglichst wichtig, aber keines völlig ernst nehmen.
Man hat es so leicht, seine Erinnerungen zu schreiben, wenn man ein schlechtes Gedächtnis hat.
Menschliche Beziehungen, die auf großem Fuße eingerichtet waren, lassen sich nur unter schmerzlichen und beschämenden Opfern in kleinem Stile weiterführen; und klüger ist der Entschluss, einen gemeinsamen seelischen Haushalt einfach aufzulösen, als der Versuch, ihn mühselig zu beschränken.
Nichts gibt Frauen eine königlichere Haltung als das Bewusstsein, dass sie ihr Alter besiegt haben.
Nur unter deinesgleichen hast du das Recht, dich einsam zu fühlen.
Ordnung ist etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos.
Politik, das ist die Freistatt, wo Verbrechen, die sonst Gefängnis oder Tod zur unvermeidlichen Folge hätten, wo Verrätereien, die sonst zu flammender Empörung aufriefen, wo Lügen, die sonst im allgemeinen Hohngelächter untergingen, nicht nur von diesen sonst natürlichen Konsequenzen bewahrt zu bleiben pflegen, sondern wo all diese Verbrechen, Verrätereien und Lügen als durchaus natürliche, wenn nicht gar rühmenswerte Bestätigungen der menschlichen Natur angesehen werden.
Selbsterkenntnis ist fast niemals der erste Schritt zur Besserung, aber oft genug der letzte zur Selbstbespiegelung.