Georg Christoph Lichtenberg

372 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Mancher kluge Kerl fiel auf seinen Kopf und wurde ein Narr, und ich erinnere mich, in den Memoiren der Pariser Akademie gelesen zu haben, daß dort einmal ein Narr auf den Kopf stürzte und klug wurde.

Mehr als das Gold hat das Blei die Welt verändert. Und mehr als das Blei in der Flinte das im Setzkasten.

Mich dünkt immer, die ganz schlechten Schriftsteller sollte man immer in den gelehrten Zeitungen ungeahndet lassen. Die gelehrten Zeitungsschreiber verfallen in den Fehler der Indianer, die den Orang-Utang für ihresgleichen und seine natürliche Stummheit für Eigensinn halten, von welchem sie ihn durch häufige Prügel vergeblich abzubringen suchen.

Mir ist ein Kleintuer weit unausstehlicher als ein Großtuer. Einmal verstehen es so wenige, weil es eine Kunst ist, während Großtun aus der Natur entspringt. Und dann läßt der Großtuer jedem seinen Wert, während der Kleintuer den, gegen welchen er es ist, offenbar verachtet.

Mir ist es immer vorgekommen, als wenn man den Wert der Neuern gegen die Alten auf einer sehr falschen Waage wäge und den letztern Vorzüge einräumte, die sie nicht verdienen. Die Alten schrieben zu einer Zeit, da die große Kunst, schlecht zu schreiben, noch nicht erfunden war, und bloß schreiben hieß gut schreiben.

Mir ist wenig am Lob der Leute gelegen. Ihr Neid wäre allenfalls das einzige, was mich noch freuen würde.

Mir tut es allemal weh, wenn ein Mann von Talent stirbt; denn die Welt hat dergleichen nötiger als der Himmel.

Mit der Feder in der Hand habe ich, mit gutem Erfolg, Schatzen erstiegen, von denen andere, mit Schwert und Bannstrahl bewaffnet, zurückgeschlagen worden sind.

Neue Bäder heilen gut.

Nicht alle, die "Wohlgeboren" sind, sind "Wohlgestorben".

Nichts kann mehr zur Seelenruhe beitragen, als wenn man gar keine Meinung hat.

Nichts macht schneller alt als der immer vorschwebende Gedanke, daß man älter wird.

Niemand kennt seine guten und bösen Fähigkeiten alle.

Nur der Betrug entehrt, der Irrtum nie.

Nützlicher wäre ein anderer Weg, den Charakter der Menschen zu erforschen, und der sich vielleicht wissenschaftlich behandeln ließe: Nämlich aus bekannten Handlungen eines Menschen, und die zu verbergen er keine Ursache zu haben glaubt, andere, nicht eingestandene zu finden.

Ordnung führt zu allen Tugenden. Was aber führt zur Ordnung?

Reisen, mein Lieber, macht mich gesund, das weiß ich aus Erfahrung. Ich bin nie gesunder, als wenn mich das Posthorn aus dem Schlaf weckt.

Ruhm und Ruhe sind Dinge, die nicht zusammen wohnen können.

Sagt, ist noch ein Land außer Deutschland, wo man die Nase eher rümpfen lernt als putzen?

Selbst die sanftesten, bescheidensten und besten Mädchen sind immer sanfter, bescheidener und besser, wenn sie sich vor dem Spiegel schöner gefunden haben.

Sich recht anschauend vorstellen zu lernen, daß niemand vollkommen glücklich ist, ist vielleicht der nächste Weg, vollkommen glücklich zu werden.

Sie ging mit Schritten, wovon jeder die Absicht zu haben schien. zu besiegen.

Sie glauben oft, um ein schöner Geist zu sein, müsse man etwas liederlich leben und gleichsam das Genie mit verdorbenen Sitten fett machen.

Sind wir nicht auch ein Weltgebäude, so gut als der Sternenhimmel, und eines, das wir kennen sollten und besser kennen könnten, sollte man denken, als das dort oben?

So sagt man, jemand bekleide ein Amt, wenn er vom Amt bekleidet wird.

So steht unser Körper zwischen Seele und der übrigen Welt in der Mitte, Spiegel der Wirkungen von beiden, erzählt nicht allein unsere Neigungen und Fähigkeiten, sondern auch die Peitschenschläge des Schicksals, Klima, Krankheit, Nahrung und tausend Ungemach.

So traurig stund er da wie das Trinkschälchen eines krepierten Vogels.

So wie die Völker sich bessern, bessern sich ihre Götter.

So wie nicht jeder träumt, der schläft, so schläft auch nicht jeder, der träumt.

So wie wir ein Paar Hosen verwachsen, so verwachsen wir Umgang, Bibliotheken, Grundsätze und dergleichen.

So zu schreiben, daß das Geschriebene bloß dem Autor mißfällt, ist der Triumph des Schriftstellers. Das Umgekehrte ist das rechte Kennzeichen der Erbärmlichkeit.

Sobald wir einen Menschen erblicken, so ist es allerdings dem Gesetz unseres Denkens und Empfindens gemäß, daß uns die nächstähnliche Figur, die wir gekannt haben, sogleich in den Sinn kommt und gemeiniglich auch unser Urteil sogleich bestimmt. Wir urteilen stündlich aus dem Gesicht und irren stündlich.

Sogar aus Hunden läßt sich etwas machen, wenn man sie recht erzieht. Man muß sie nur nicht mit vernünftigen Leuten, sondern mit Kindern umgehen lassen, so werden sie menschlich.

Sollte nicht der Mensch seine Ideen von Gott ebenso zweckmäßig weben können wie die Spinne ihr Netz zum Fliegenfang?

Sparen und arbeiten muß freilich die Ordre du Jour sein, und in der Welt gibt es dazu für Menschen von Gefühl kein größeres Reizmittel als Kinder.

Starke Empfindung, deren sich so viele rühmen, ist nur allzuoft die Folge eines Verfalls der Verstandeskräfte.

Symbol der Revolution: Katzen drehen Wollkugeln um, ohne zu wissen, was sie da machen.

Täglich zu sehen, wie Leute zum Namen Genie kommen wie die Kelleresel zum Namen Tausendfuß, nicht weil sie soviele Füße haben, sondern weil die meisten nicht bis auf 14 zählen wollen, hat gemacht, daß ich keinem mehr ohne Prüfung glaube.

Tätige Menschenliebe ohne Verstand verfehlt so gut ihren Zweck als Menschenhaß ohne Macht.

Um sicher Recht zu tun, braucht man sehr wenig vom Recht zu wissen. Allein, um sicher Unrecht zu tun, muß man die Rechte studiert haben.

Um über gewisse Gegenstände mit Dreistigkeit zu schreiben, ist es fast notwendig, daß man nicht viel davon versteht.

Unser Leben kann man mit einem Wintertag vergleichen. Wir werden zwischen 12 und 1 des Nachts geboren, es wird 8 Uhr, ehe es Tag wird, vor 4 des Nachmittags wird es wieder dunkel, und um 12 sterben wir.

Unsere meisten Ausdrücke sind metaphorisch. Es steckt in denselben die Philosophie unserer Vorfahren.

Unsere Theologen wollen mit Gewalt aus der Bibel ein Buch machen, worin kein Menschenverstand ist.

Unsere Welt wird noch so fein werden, daß es so lächerlich sein wird, einen Gott zu glauben, als heutzutage Gespenster.

Unter die größten Entdeckungen, auf die der menschliche Verstand in den neuesten Zeiten gefallen ist, gehört meiner Meinung nach wohl die Kunst, Bücher zu beurteilen, ohne sie gelesen zu haben.

Unternimm nie etwas, wozu du nicht das Herz hast, dir den Segen des Himmels zu erbitten!

Verminderung der Bedürfnisse sollte wohl das sein, was man der Jugend durchaus einzuschärfen und wozu man sie zu stärken suchen müßte. Je weniger Bedürfnisse, desto glücklicher, ist eine alte, aber sehr bekannte Wahrheit.

Viele Menschen sehen die Tugend mehr im Bereuen der Fehler als im Vermeiden.

Viele Spötter meinen reich an Geist zu sein und sind nur arm an Takt.

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