Richard von Weizsäcker

172 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Maßstäbe für den Umgang untereinander ergeben sich aus den Er­fahrungen während der Kindheit. Maßgeblich dafür ist das Bei­spiel der Älteren in der Familie, sind die Schulen, ist aber auch das Fernsehen.

Menschlichkeit ist nicht teilbar.

Mütter trauern in allen Ländern auf dieselbe Weise um ihre Kinder.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Teilung Deutschlands der zentrale Ausdruck der Teilung Europas. [...] Niemand bei uns wird vergessen, daß es ohne den von Deutschland unter Hitler begonnenen Krieg nie zur Teilung gekommen wäre.

Nicht alles, was Menschen technisch und ökonomisch fertigbringen, dürfen sie der Natur zumuten.

Nicht behindert zu sein ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jederzeit genommen werden kann.

Nicht die allein vorherrschende Erwerbsgesellschaft, sondern die Verbindung von Beruf und Privatleben entspricht dem menschlichen Bedürfnis. Sie wird gelingen, wenn die Frauen besser entlastet werden, die Männer sich stärker an den Familienaufgaben beteiligen.

Parteien, wie das Wort heißt, sind ein Teil des Ganzen, nicht das Ganze.

Patriotismus ist Liebe zu den Seinen; Nationalismus ist Haß auf die anderen.

Politik, Demokratie und Marktwirtschaft können ohne einen Bodensatz von Ethik letzten Endes nicht existieren.

Politiker dürfen sich nicht wie die Wetterhähne im Wind der Stimmungen drehen.

Politiker sind keine moralische oder unmoralische Extraklasse, sondern Menschen wie alle anderen auch.

Politisch leben wir in einer Zeit, wie sie die Geschichte in Europa zuvor nie gekannt hat. Es gibt heute kaum ernsthafte außenpolitische Spannungen. Dafür sind aber innerhalb vieler Staaten die Probleme gewaltig gewachsen, zum Teil bis zu wahren Zerreißproben und Bürgerkriegen.

Prognosen für das Verhalten des Täters in der Freiheit und Zukunft sind immer gewagt. Aber sind denn verbindliche Urteile über vergangenes Verhalten wirklich immer frei von Fehleinschätzungen? In dubio pro reo - auch darin liegt ein Wagnis für die Gesellschaft.

Recht ist mehr als Ordnung, Sicherheit und Regelungsmechanismus.

Rechthaber gibt es genug, die die alleingültigen ethischen Wahrheiten ihrer Standpunkte und Interessen verkünden. Den verantwortlichen Juristen kennzeichnet die Erfahrung vom begrenzten menschlichen Vermögen bei der ständigen Suche nach Wahrheit. Skepsis und Bescheidenheit hindern ihn nicht, sondern ermöglichen ihm Entscheidungen, zu denen er in seinem Gewissen stehen kann.

Rechtsbewusstsein und Verständlichkeit haben viel damit zu tun, wie sich das Recht präsentiert. Alle Bürger werden mit Texten konfrontiert, die von Juristen verfasst sind. Wenn man sie lesen muss, sollte man wenigsten die Chance haben, sie zu verstehen.

Schuld oder Unschuld eines ganzen Volkes gibt es nicht. Schuld ist, wie Unschuld, nicht kollektiv, sondern persönlich.

Schwerter zu Pflugscharen, dieses große Bibelwort aus der Zeit der friedlichen Revolution heißt heute nicht, auf vernünftige, hinlängliche Verteidigungsfähigkeit zu verzichten; es heißt, den Hunger in der Welt zu stillen und ihrer Not zu wehren.

Sich zu vereinen, heißt teilen lernen.

Sicherheitspolitik bleibt also ein notwendiger Rahmen in den internationalen Beziehungen. Aber sie ist nicht mehr ihr gestaltendes Prinzip.

Staat und Währung können nicht alles schaffen. Das Entscheidende bringen wir Menschen am besten selbst zustande.

Stabilität wurde ein politisches und soziales Merkmal der Bundesrepublik Deutschland.

Tut einer etwas freiwillig für andere, dann erprobt er die alte Wahrheit: "Wer gibt, dem wird gegeben."

Um jungen Menschen ein behutsames und haltbares Rechtsbewusstsein nahezubringen, müssen sie verstehen, dass niemand ein ethisch-moralisches Monopol besitzt, und dass es um so wichtiger ist, zu einem Konsens in den Grundfragen unserer sittlich-rechtlichen Ordnung beizutragen.

Unser Gemeinwesen ist weltanschaulich neutral.

Unzureichende Informationen und Vorurteile erzeugen wechsel­seitig unbegründete Angst, die nicht weniger gefährlich sein kann als Rüstung.

Verfassungsrichter sind keine Apostel.

Vergangenheit kann man nicht bewältigen, man kann sie nur verantwortlich zu verstehen versuchen.

Veränderungen pflegen sich allmählich zu vollziehen. Das Ausmaß des Wandels ist größer, als wir es täglich spüren.

Von den Chinesen könnten wir derzeit viel lernen. Sie haben für Krise und Chance dasselbe Schriftzeichen.

Von Mehrheiten und Minderheiten wird mehr verlangt, als zählen zu können. Die Minderheit muß der Mehrheit das Recht zur Entscheidung zugestehen. Die Mehrheit hat beim Umgang mit diesem Recht die Pflicht, sich in der of­fenen Suche nach Wahrheit besonders zu engagieren. Sie muß ih­re Entscheidung auf Grundsätze stützen, die von allen eingese­hen und als legitim empfunden werden können. Die Entscheidun­gen müssen zumutbar sein. Keiner soll sich durch sie in seiner Existenz bedroht oder ausgebürgert fühlen.

Was dem eigenen Leben Sinn und Erfüllung bieten kann, ist anderen etwas zu geben und füreinander einzutreten.

Weihnachten 1989 steht für uns Deutsche im Zeichen tiefer Freude und Dankbarkeit.

Weihnachten ist das Fest der Herberge und des Friedens. Am schönsten feiern wir es, wenn jeder hilft, dem Nächsten ein Gefühl der Geborgenheit zu geben.

Weihnachten ist das Fest der Liebe.

Weihnachten lädt uns zur Gemeinsamkeit ein, zum Nehmen und Geben, zum Zuhören und Verstehen.

Weitestmögliche Einbeziehung in unser Leben sind wir Menschen mit allen Arten von Behinderungen und ihren Familien schuldig. Sie aber schulden uns für diese Selbstverständlichkeit weder besonderen Dank noch ständiges Wohlverhalten.

Wenn aber die Völker an den Zerstörungen, den Verwüstungen, den Grausamkeiten und Unmenschlichkeiten innerlich nicht zerbrachen, wenn sie nach dem Krieg langsam wieder zu sich selbst kamen, dann verdanken wir es zuerst unseren Frauen.

Wenn die Parteien die Lösung der Probleme dem Streit gegen die Konkurrenz unterordnen dann leidet ihre Glaubwürdigkeit.

Wenn Jugendliche zu Brandstiftern und Mördern werden, dann liegt die Schuld nicht allein bei ihnen, sondern bei uns allen, die Einfluß auf Erziehung haben - bei den Familien und Schulen, den Vereinen und Gemeinden, bei uns Politikern.

Wenn wir uns in einer Krise zu bewähren haben, dann werden uns auch die Kräfte zuwachsen.

Wer aber vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart.

Wer sich nicht traut, für seine Freiheit einzutreten, wird zum Schwarzfahrer unserer freiheitlichen Demokratie.

Wer sich wegduckt, akzeptiert am Ende die Herr­schaft und Gewalt von anderen auch über sich selbst.

Wer will denn das Glück oder die Freude planen und normieren? Es gibt keine Koordinaten für Glück.

Wettbe­werb und Gewinn sind nicht das Maß der Dinge. Wert ist etwas anderes als Preis.

Wie viele, die als Kinder zuwenig Liebe und Förderung erfahren haben, sind später den Gefahren der Straße, der Gewalt und der Drogen ausgesetzt.

Wir begegnen der Erfahrung, daß der Mensch nicht das Maß aller Dinge ist, daß er nicht alles deuten, nicht allem und nicht sich selbst den letzten Sinn geben kann. Wenn er aber in einer Welt leben soll, die ihm diese Erfahrung bestreiten und alles weltlich erklären will, dann reagiert er darauf oft mit einer Flucht; zuletzt flieht er in Sekten und in den Fanatismus.

Wir brauchen neue Regelungen für Einwanderung und Staatsan­ge­hörigkeit, aber natürlich nicht, um unsere Tore für die Wande­rer aus aller Welt unbegrenzt zu öffnen, sondern um die Zuwan­derung gemäß den Interessen und Verpflichtungen unseres Landes zu steuern. Dann wird die Ein­wanderung zu einer sinnvollen Vorsorge für die Zukunft.

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