Georg Christoph Lichtenberg

372 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Der oft unüberlegten Hochachtung gegen alte Gesetze, alte Gebräuche und alte Religion hat man alles Übel in der Welt zu verdanken.

Der Pöbel ruiniert sich durch das Fleisch, das wider den Geist, und der Gelehrte durch den Geist, den zu sehr wider den Leib gelüstet.

Der Stolz, eine edle Leidenschaft, ist nicht blind gegen eigene Fehler. Aber der Hochmut ist es.

Der Wein reizt zur Wirksamkeit, die Guten im Guten und die Bösen im Bösen.

Die Augen eines Frauenzimmers sind bei mir ein so wesentliches Stück, ich sehe oft danach, denke mir so vielerlei dabei, daß, wenn ich nur ein bloßer Kopf wäre, die Mädchen meinetwegen nichts als Auge sein könnten.

Die Ausdrücke "Herz verschenken ", "Gunst verschenken" sind poetische Blümchen. Kein Mädchen schenkt ihr Herz weg; sie verkauft es entweder für Geld oder Ehre oder vertauscht es gegen ein anderes, wobei sie Vorteil hat oder doch zu haben glaubt.

Die Bauernmädchen gehen barfuß und die vornehmen barbrust.

Die Bescheidenheit müßte die Tugend derer sein, denen die andern fehlen.

Die Bewegungsgründe, woraus man etwas tut, könnten so wie die 32 Winde geordnet und die Namen auf ähnliche Art formiert werden: Brotbrotruhm oder Ruhmruhmbrot, Furcht, Lust.

Die Bibel ist ein Buch, von Menschen geschrieben, wie alle Bücher. Von Menschen, die etwas anderes waren als wir, weil sie in etwas anderen Zeiten lebten, etwas simpler in manchen Stücken waren als wir, dafür aber auch sehr viel unwissender. Also ein Buch, worin manches Wahre und manches Falsche, manches Gute und manches Schlechte enthalten ist.

Die Briefe eines klugen Mannes enthalten immer den Charakter der Leute, an die er schreibt.

Die Bücher, die zu keiner Zeit jemand ganz versteht, selbst der Autor nicht, sind diejenigen, die zu allen Zeiten am gierigsten gelesen werden.

Die Erinnerung an meine Mutter und ihre Tugend ist bei mir gleichsam zum Kordial geworden, das ich immer mit dem besten Erfolg nehme, wenn ich irgend zum Bösen wankend werde.

Die Erschütterung der Luft wird erst Schall, wo ein Ohr ist.

Die feinste Satire ist unstreitig die, deren Spott mit so weniger Bosheit und so vieler Überzeugung verbunden ist, daß er selbst diejenigen zum Lächeln nötigt, die er trifft.

Die Fliege, die nicht geklappt sein will, sitzt am sichersten auf der Klappe.

Die gefährlichsten Unwahrheiten sind die Wahrheiten, mäßig entstellt.

Die Gelehrsamkeit kann auch ins Laub treiben, ohne Früchte zu tragen.

Die geschnitzten Heiligen haben in der Welt mehr ausgerichtet als die lebendigen.

Die Gesichter der gemeinen Leute auf einer Straße anzusehen, ist jederzeit eines meiner größten Vergnügen gewesen.

Die gesundesten und schönsten, regelmäßigst gebauten Leute sind die, die sich alles gefallen lassen. Sobald einer ein Gebrechen hat, so hat er seine eigene Meinung.

Die Gesundheit sieht es lieber, wenn der Körper tanzt, als wenn er schreibt.

Die Gleichheit, die der Mensch hier verlangen kann, ist sicherlich der erträglichste Grad der Ungleichheit.

Die großen Begebenheiten in der Welt werden nicht gemacht, sondern finden sich ein.

Die großen Geister schaffen nur, ohne zu tadeln.

Die größten Denker, die mir vorgekommen sind, waren gerade unter allen Gelehrten die, welche am wenigsten gelesen hatten.

Die hitzigsten Verteidiger einer Wissenschaft, die nicht den geringsten scheelen Seitenblick auf dieselbe vertragen können, sind gemeiniglich solche Personen, die es nicht sehr weit in derselben gebracht haben und die sich dieses Mangels heimlich bewußt sind.

Die Hottentotten nennen das Denken die Geißel des Lebens.

Die kleinsten Unteroffiziere sind die stolzesten.

Die langen Arme der Großen, sich selbst überlassen, sind bei weitem nicht so furchtbar wie die verzwickten kurzen ihrer Kammerdiener.

Die letzte Hand an sein Werk legen heißt es vernichten.

Die Leute, die niemals Zeit haben, tun am wenigsten.

Die meisten Gelehrten sind abergläubischer, als sie selbst sagen, ja als sie selbst glauben.

Die meisten Menschen leben mehr nach der Mode als nach der Vernunft.

Die meisten Poeten kommen erst nach ihrem Tode zur Welt.

Die Menschen denken über die Vorfälle des Lebens nicht so verschieden, wie sie darüber sprechen.

Die Menschen sind in ihren Anlagen alle gleich, nur die Verhältnisse machen den Unterschied.

Die Natur hat die Frauenzimmer so geschaffen, dass sie nicht nach Prinzipien, sondern nach Empfindungen handeln sollen.

Die Natur hat die Frauenzimmer so geschaffen, daß sie nicht nach Prinzipien, sondern nach Empfindung handeln sollen.

Die Naturlehre ist, für mich wenigstens, eine Art Tilgungsfonds für die Religion, wenn die vorwitzige Vernunft Schulden macht.

Die Schwachheiten großer Leute bekannt zu machen, ist eine Art von Pflicht. Man richtet damit Tausende auf, ohne jenen zu schaden.

Die schönen Weiber werden heutzutage mit unter die Talente ihrer Männer gerechnet.

Die Seele legt, so wie der Magnet den Feilstaub, das Gesicht um sich herum.

Die Sprichwörter leben in ewigem Krieg wie alle Regeln, die nicht der Untersuchungsgeist, sondern die Laune gibt.

Die unterhaltendste Fläche auf der Erde für uns ist die des menschlichen Gesichts.

Die Welt ist nicht da, um von uns erkannt zu werden, sondern um uns in ihr zu bilden.

Die wenigsten Menschen haben wohl recht über den Wert des Nichtseins gehörig nachgedacht. Unter Nichtsein nach dem Tode stelle ich mir den Zustand vor, in dem ich mich befand, ehe ich geboren wurde.

Die Zeitungsschreiber haben sich ein hölzernes Kapellchen erbaut, das sie auch den Tempel des Ruhmes nennen, worin sie den ganzen Tag Porträts anschlagen und abnehmen.

Die Ärzte sollten nicht sagen: "Den habe ich geheilt", sondern: "Der ist mir nicht gestorben."

Dinge zu bezweifeln, die ganz ohne weitere Untersuchung jetzt geglaubt werden, das ist die Hauptsache überall.

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