Carmen Sylva

146 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autorin

In der Freundschaft ist es besser zuzuhören, als Ratschläge zu erteilen.

In der Jugend ist der Schmerz wie ein Orkan, und du bleibst krank zurück; im reifen Alter ist er ein Nordwind, der deinem Antlitz eine Falte und deinem Haar eine weiße Strähne zulegt.

In der Jugend ist man eine mittelalterliche Feste mit geheimnisvollen Winkeln, Burgverließen, versteckten Gängen, Wällen und Gräben. Später wird man ein moderner Palast, vergoldet, elegant und reich, der sich nur Auserwählten öffnet. Zuletzt ist man eine weite Halle, die aller Welt offen steht, und die ein Markt ist, oder ein Museum, oder ein Dom, oder ein Friedhof.

In der Politik opfert man Alles: seinen Freund, seinen Bruder, seine Frau, sein Gewissen. Nur sich selber opfert man seltener.

In schwerem Leid schließt man sich zu, wie die Auster; öffnete man einem das Herz mit Gewalt, so wäre es der Tod.

In tränenden Augen liest man die Bitte: fragt mich nicht!

Je unglücklicher man ist, je weniger kann man gegen sich selbst mitleidig sein.

Jede Enttäuschung löst dich los von der Erde, den Menschen, von dir selbst am meisten; es sind eben so viele Todeskrankheiten.

Klage nicht, daß du leiden mußt; denn du lernst zu helfen.

Liebe fordert, Freundschaft gibt. Die Liebe sieht die Fehler nicht, die Freundschaft hat die Fehler lieb.

Liebe und Politik sind der Freundschaft Tod.

Lärmender Zorn reizt, stummer Zorn erweckt Furcht.

Man ist stets der Märtyrer seiner eigenen Fehler.

Man kann sich dergestalt an Enttäuschungen gewöhnen, daß man das Wünschen verlernt.

Man wird nicht Mutter, man ist als solche geboren. Die Familie befriedigt den Drang, aber gibt ihn nicht.

Man zeigt immer Mut, wenn man verzweifelt. Nur der Hoffnungsvolle kann auch mutlos sein.

Manche Krankheit wäre den Menschen zu ersparen, wenn man ihr Herz befriedigen und froh machen könnte.

Mutterliebe ist eine Leidenschaft, die ihre eigene Gewalt und Größe hat, ihre Übertreibungen und sogar ihre Sinnlichkeit.

Nach einem großen Unglück geht die Ehe leicht auseinander. Man muß sich sehr lieb haben, wenn man dann nicht kalt und fremd werden soll.

Oft sehnt man eine Krankheit herbei, um Ruhe zu finden, und wenn sie endlich kommt, fürchtet man, zu rasch geheilt und einem unerträglichen Dasein zurückgegeben zu werden.

Pflichttreue ist eines der schönsten Wörter der lieben deutschen Sprache: sie kann stolz sein, es zu besitzen.

Reichtum ist sicher ein Glück, nicht aber das Glück; und doch neidet man es vor Allem.

Schmerz erträgt sich manchmal darum bester als Freude, weil man dem Schmerz seine ganze Kraft entgegensetzt, während man sich der Freude kraft- und willenlos überlässt.

Schweigsame Thränen sind wie Lava: sie verbrennen, sie furchen, sie zerstören.

Sei nicht stolz, weil du dein Unglück ertragen; konntest du es nicht ertragen?

Sich von der Pflicht befreien, heißt entweder verrückt sein oder verbrecherisch.

Stolz mit Kraft verbunden, veredelt, mit Schwäche verbunden, erniedrigt er.

Tröstungen fallen oft in die Seele wie Wassertropfen in siedendes Öl.

Verzeihen ist schon fast Gleichgültigkeit. Wenn man liebt, verzeiht man nicht.

Verzweiflung ist, an die Erinnerung sich nicht heranzuwagen.

Vor lauter Leben fürchtet man endlich selbst den Himmel, als letzte und bitterste Enttäuschung.

Wahrheit muß es doch wohl geben. - Wir hätten sie nicht erfunden.

Was den Menschen vom Tier unterscheidet, ist der Zweifel.

Was die Jugend erröten macht, das entlockt dem Gereiften Tränen und dem Greise ein Lächeln.

Was ein Mädchen sagt und was es denkt, ist dreierlei.

Was man im Unglück großen Mut nennt, das ist, jenseits des Schmerzes zu stehen. Die tödliche Kugel fühlt man im ersten Augenblicke nicht.

Was Viele an der Kunst erfreut, ist ihre sinnliche Seite.

Weiße Haare sind die Schaumspitzen, die das Meer nach dem Sturme bedecken.

Wenn die Freundschaft Erzieherin wird, dann ist sie nahe am Scheitern.

Wenn die Hoffnung uns verläßt, geht sie, unser Grab zu graben.

Wenn man eine Meinung äußert, stößt man oft wie die Welle an den Felsen. Manchmal schäumt man, andere Male zieht man sich zurück.

Wenn man einen Menschen lieb hat, dann zweifelt man nie an ihm. Sobald man zweifelt, prüfe man sich selbst: irgend ein Herzenswinkelchen will kalt werden.

Wenn man versteht, dass man mit seinem Schmerze den ganzen Rest seines Daseins leben muss, dann kommt die Auflehnung wider ihn.

Wenn selbst der Schmerz uns verläßt, dann ist es zu Ende.

Wer nicht vertragen kann, getröstet zu werden, der muß heiter sein.

Zweifelst du an der Wahrhaftigkeit einer Empfindung, frage eine aufgeklärte Frau; sie kennt alle.

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