Stendhal

53 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Alles kann man in der Einsamkeit erwerben, nur nicht Charakter.

Anders zu sein, erzeugt Haß.

Ave Maria, die Dämmerstunde, ist in Italien die Stunde der Zärtlichkeit, der Seelenfreuden und der Schwermut: Empfindungen, die durch den Klang jener schönen Glocken noch verstärkt werden. Wonnige Stunden, die einem erst in der Erinnerung bewusst werden.

Bei beiden Geschlechtern ist das Schicksal des hohen Alters davon abhängig, wie man seine Jugend angewandt hat; das bewahrheitet sich vor allem bei den Frauen (...), mit zwanzig Jahren schmeichelt man ihr, wenn sie vierzig ist, kümmert sich kein Mensch mehr um sie.

Charakterfestigkeit heißt, die Wirkung der andern auf sich selbst erprobt haben.

Das heute übliche System der Erziehung junger Mädchen lässt alle als Frauen geborenen Begabungen für das Gemeinwohl verloren gehen; sobald diesen aber der Zufall eine Möglichkeit der Entfaltung bietet, bringen sie höchste Leistungen hervor.

Der erste Liebessieg ist, abgesehen von der Befriedigung der Eitelkeit, für keinen Menschen schlechthin angenehm.

Der Liebende ist immer zaghaft.

Der Mut des Italieners ist ein Wutanfall, der Mut des Deutschen ein Rausch, der Mut des Spaniers das Kind seines Stolzes.

Der Verliebte hat keine Zeit, geistreich zu sein.

Der Zank ist das Band vieler bürgerlichen Ehen.

Die Ausbildung des Geistes bringt bei beiden Geschlechtern dieselben guten oder schlechten Wirkungen hervor.

Die Blicke sind die große Waffe der tugendsamen Koketterie. Man kann mit einem Blick alles sagen und kann doch immer einen Blick ableugnen.

Die Frauen fesseln sich durch ihre Hingabe.

Die Liebe ist die einzige Leidenschaft, die sich mit selbstgeprägter Münze bezahlt.

Die Liebe ist wie ein Fieber, das zwei Menschen gleichzeitig befällt. Wer von beiden zuerst gesundet, den langweilt der andere gräßlich.

Die Macht der Gewohnheit behauptet sich selbst in den leidenschaftlichsten Augenblicken.

Die meisten Menschen haben einen großen Moment in ihrem Leben, wo sie große Dinge tun könnten, in dem ihnen nichts unmöglich erscheint.

Die meisten Männer begehren ein Liebeszeichen, das ihnen genügt, um alle Zweifel zu verscheuchen. Die Frauen sind nicht so glücklich, solche Zeichen zu finden. Es ist das uralte Unglück des Lebens: was dem einen Sorglosigkeit und Glück bringt, bedeutet für den anderen Gefahr und Demütigung.

Die Schamhaftigteit hat ihr Gutes, denn sie ist die Mutter der Liebe.

Die Schönheit ist nichts als das Versprechen des Glücks.

Die verantwortliche Arbeit, der unser Leben ausfüllende Beruf gewährt uns (Männern) einen Halt; Frauen vermag nichts zu trösten außer Zerstreuung.

Die Verse wurden erfunden, um das Gedächtnis zu unterstützen. Später behielt man sie bei, um den Genuß durch den Anblick der überwundenen Schwierigkeit zu vermehren. Sie heute in der dramatischen Kunst beizubehalten, ist ein Rest von Barbarei.

Ein großer Mann gleicht einem Adler; je höher er sich aufschwingt, desto schwieriger ist er zu erkennen, und so muss er seine Größe mit der Einsamkeit seiner Seele bezahlen.

Ein leidenschaftlicher Mensch sieht der Geliebten alle Vollkommenheiten an.

Ein sehr geringer Grad von Hoffnung genügt zur Entstehung der Liebe.

Eine phantasiebegabte Seele, auch eine ganz einfältige, ist feinfühlig und argwöhnisch. Sie kann sogar misstrauisch sein, wenn sie nämlich schon viele Enttäuschungen im Leben erfahren hat.

Einen festen Charakter erwerben heißt, viele und gründliche Erfahrungen über die Unzulänglichkeiten und Verhältnisse des Lebens gewinnen. Danach beharrt man entweder bei seinem Begehren, oder man erstrebt überhaupt nichts mehr.

Einen festen Charakter haben, heißt so viel, wie sich unter dem Einfluss anderer Charaktere bewähren; diese anderen sind also notwendig.

Es fruchtet nichts, wenn ein Autor die Nachsicht des Publikums erfleht; die geschehene Veröffentlichung entlarvt seine vorgespielte Bescheidenheit.

Genie und Geist verlieren 25 Prozent ihres Wertes, wenn man sie nach England exportiert.

Handel macht prosaisch.

In der Liebe aus Eitelkeit erzeugt mitunter der längere Umgang oder die Hoffnungslosigkeit, die ideale Liebe zu finden, eine gewisse, in ihrer Art freilich verächtliche Freundschaft.

In der Musik überläßt sich selbst der logische Mensch fanatisch den Gefühlen, weil man sich über ihr Warum keine Rechenschaft ablegen kann.

In Europa ernährt sich die Begierde von der Unterdrückung; in Amerika verkümmert sie unter der Freiheit.

Ist der Italiener zwischen Haß und Liebe in Bewegung, lebt der Franzose von Eitelkeit, so leben die guten und einfachen Nachkommen der alten Germanen von der Phantasie. Kaum haben sie die unmittelbarsten und für ihren Unterhalt notwendigsten sozialen Interessen befriedigt, so sieht man mit Staunen, wie sie sich in das stürzen, was sie ihre Philosophie nennen. Das ist eine Art Narrheit: Sanft, liebenswürdig und vor allem ohne Bitterkeit.

Je allgemeiner man gefällt, um so flüchtiger gefällt man.

Jeder große Dichter mit reger Phantasie ist schüchtern. Das heißt, er scheut die Menschen wegen der Unterbrechungen und Störungen, die sie in seine köstlichen Träumereien hineintragen.

Kläre den Geist eines jungen Mädchen auf, forme seinen Charakter, kurz, gib ihm im wahren Sinne des Wortes eine gute Erziehung: Früher oder später nimmt es seine Überlegenheit über die andern Frauen wahr, wird eine Pedantin, das heißt, das unangenehmste und heruntergekommenste Wesen auf der Welt. Es gibt keinen unter uns, der sein Leben nicht lieber mit einer Magd als mit einem Blaustrumpf verbrächte.

Liebe ist die Freude, ein liebenswertes und liebendes Wesen mit allen Sinnen und in nächster Nähe zu sehen, zu berühren und zu fühlen.

Liebesträumereien kann man nicht festhalten.

Mir wäre es fast lieber, meine Frau versuchte, mich in einem wütenden Moment einmal im Jahre zu erdolchen, anstatt mich jeden Abend übellaunig zu empfangen.

Mit sechzehn Jahren muß ein junges Mädchen daran denken, sich einen Gatten zu suchen und von ihrer Mutter richtige Vorstellungen von Liebe, Ehe und der geringen Redlichkeit der Männer empfangen.

Mohammed war Puritaner, er wollte den Genuss aus der Welt schaffen, auch wenn dieser niemanden schädigte. Er hat in den Ländern, die den Islam angenommen haben, die Liebe vernichtet. Deshalb hat seine Religion auch weniger in Arabien, ihrer Wiege, als in allen anderen morgenländischen Ländern Wurzel gefasst.

Nichts begünstigt das Entstehen einer Liebe mehr, als wenn ein eintöniges Leben durch einige selten stattfindende Bälle unterbrochen wird; gute Mütter, die Töchter zu vergeben haben, wissen das zu schätzen.

Nichts ist den Mittelmäßigen so verhaßt wie geistige Überlegenheit. Da fließt in der Welt unserer Zeit die Quelle des Hasses.

Nichts ist nachsichtiger, weil auch nichts glücklicher macht, als Aufrichtigkeit.

Nichts tötet die Liebe aus Galanterie schneller als Anwandlungen von Liebe aus Leidenschaft.

Prüderie ist eine Art von Geiz

Rechtmäßig sind allezeit nur durch echte Leidenschaft geknüpfte Bindungen.

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