Wolfgang Menzel

104 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Allerheiligen geht vor Allerseelen, die Propheten haben den Himmel immer eher, als das Volk.

Als die Deutschen anfingen, gefallen zu wollen, ließen sie sich auch alles gefallen.

Als die Propheten aus der Wüste das Licht gebracht, gingen die Asceten wieder in die Wüste, die leere Laterne zu suchen.

Am dürren Baume unsrer Theologie schießen die mystischen Sekten wie Pilze auf.

Am Gegenstande unsres Interesses ist entweder alles schön, oder alles garstig.

Das größte Genie ist zugleich Philosoph und Dichter, und dem Demant gleich, der die durchsichtigste Klarheit und dabei alle Farben des Regenbogens zeigt.

Das Meer ist eine Thräne im Auge der Erde.

Dem Dichter ist jeder Tag ein Hochzeittag, denn seine Braut ist das Leben.

Dem Kinde sind alle Blumen Bäume, weil es nicht über sie hinaussehn kann.

Der Bauer taugt zur Achse, aber nicht zur Deichsel des Staatswagens.

Der Deutsche hat ein Herz für die Religion, und keinen Stein will er dafür, selbst den Stein der Weisen nicht.

Der Dichter darf nie zu sehr Philosoph werden; wenn er die Blumen ausreißt, um ihre Wurzel zu untersuchen, werden sie bald welken.

Der Dichter ist der neue Adam, dem Gott seine ganze Schöpfung vorüberführt, und der jedem Geschöpfe einen eigenen neuen Namen giebt.

Der Dichter schaut das Schöne in die Welt hinein, nicht heraus.

Der dreißigjährige Krieg war ein Gewitter bei Nacht, auf das kein Regenbogen folgte.

Der Flachs des Lebens will geklopft seyn.

Der Goldmine der Philosophie arbeitet die Demantinine der Poesie entgegen.

Der Mensch geht rückwärts in die Zukunft.

Der Mensch hängt so unsicher am Leben, wie der Eiszapfen am Dache.

Der Mensch ist bisweilen schwach aus Stärke, und stark aus Schwäche.

Der Mensch ist ein Feld, auf dem alles wachsen kann; nur wenig wird gesäet darauf.

Der Mensch ist eine Trommel, Herz und Kopf die Schlägel; wenn's klingen soll, müssen beide sich rühren.

Der Philosoph muß graben nach dem Stein der Weisen, dem Dichter fällt er als Mondstein vom Himmel herab.

Der Stein der Weisen wird der ganzen Menschheit die Todessense schleifen.

Der Traum ist ein Mond, der unsre Seele dämmernd nur beleuchtet, aber nicht wärmt.

Der Weihrauch des Lobs treibt das Dampfschiff junger Genies,

Dichten ist die höhste Wonne, Zeugen und Empfangen zugleich.

Die Deutschen thun nicht viel, aber sie schreiben desto mehr.

Die Erde ist der dunkle Stern im blauen Auge des Himmels.

Die Gegenwart zieht, eine schwimmende blumige Insel, durchs unendliche Zeitenmeer.

Die Gewürzinseln unsrer Erfahrung sind vulkanischen Ursprungs.

Die höchsten Ideen bleiben gleich groß, wie die Fixsterne, ob sie das bloße Auge des gemeinen Mannes, oder das Herschel'sche des Genies betrachtet.

Die Menschheit verdunkelt sich wie die Erde immer nur durch sich selbst.

Die Minuten kommen auf uns zu, wie die Wellen, wenn wir am Ufer stehn, aber keine geht zurück.

Die Natur giebt jeder Stimme der Seele eine Antwort.

Die Poesie ist der Schmetterling auf der Blume der Welt.

Die Religion ist das Buch vom All in Versen, die Philosophie dasselbe in Prosa geschrieben.

Die Sonne der Philosophie kann auch versengen, der Mond der Poesie niemals.

Die Sonne des deutschen Volksgeistes ist in tausend Sterne von Menschengeistern zersprungen.

Die Sterne sind Nägel am Sarge der Welt.

Die Taube Noahs, die uns den Friedenszweig brachte, war nur das kleine weiße Sturmwölkchen am Cap der guten Hoffnung, das am heitern Himmel aufsteigt, neuen Sturm zu verkünden.

Die Vernunft liefert uns den Honig ihres Bienenstocks, in ihre geheime Werkstatt läßt sie uns aber niemals blicken.

Die Volksbegeisterung in unsern letzten Freiheitskriegen ward wie die Jungfrau von Orleans unter ihrer eigenen Fahne begraben.

Die Zeit ist ein altes Weib, die Ewigkeit eine liebliche Jungfrau.

Dle Eisspitze harter Menschen schneidet uns; aber wenn wir sie nur fest in der warmen Hand halten, schmilzt sie doch.

Durch den Rauchfang des Lobes zieht der Teufel ins Haus.

Ein gebildeter Charakter nimmt wie eine glattpolirte Mauer nicht leicht Flecken an.

Ein großer Genius wirft nicht nur Licht in die Zukunft hinaus, sondern auch zurück in die Vergangenheit.

Ein Mensch aus der Menge zeigt doch, wenn man ihn nur näher betrachtet, wie das Sandkorn, eine schöne Kristallisation.

Ein Spiegel ist besser als eine Reihe Ahnenbilder.

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