Friedrich Rückert

134 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Du hättest gern zugleich den Himmel und die Erde. / Ich fürchte, daß dir so von beiden keines werde.

Du klagest, daß die Welt so unvollkommen ist, / und fragst warum? Weil du so unvollkommen bist.

Du sprichst: Mich reizet Obst nicht mehr. / O, laß doch schauen! / Du hast gewiß den Zahn nicht mehr zum Apfelkauen.

Ein Gotteskasten ist des Armen leerer Bauch, / und wer ihn füllt, erfüllt den Willen Gottes auch.

Ein Hund, der sich regt, / jagt mehr als ein Löwe, der sich legt.

Ein Knabe lernt nur von geliebten Lehrern gerne. / Du aber sei ein Mann, auch von verhaßten lerne!

Ein leicht erwärmter Freund wird leicht erkältet sein.

Ein Reicher in der Fremd' ist überall zu Haus / und fremd ein armer Mann in seinem eignen Haus.

Ein Säugling ist der Geist, Natur ist seine Amme. / Sie nährt ihn, bis er fühlt, daß er von ihr nicht stamme.

Ein Vater soll zu Gott an jedem Tage beten: / Herr, lehre mich dein Amt beim Kinde recht vertreten!

Ein Ärgernis ist nur, wo man es nimmt, gegeben; / Dir Vorgeworfnes brauchst du ja nicht aufzuheben.

Erfahren muß man stets, Erfahrung wird nie enden, / und endlich fehlt die Zeit, Erfahrenes anzuwenden.

Erfahren ward seit tausend Jahren, / doch du verfolgst umsonst die Spur. / Dir paßt nicht, was für dich ein anderer erfuhr, / du mußt es wieder für dich selbst erfahren.

Erliegen kann ein Mann, nicht sich unmännlich halten. / Erlöschen kann ein Feu'r, doch nie kann es erkalten.

Frage nicht, was das Geschick / Morgen will beschließen; / Unser ist der Augenblick, / Lass uns den genießen!

Frauen sind genannt vom Freuen, / weil sich freuen kann kein Mann / ohn' ein Weib, das stets vom neuen / Seel' und Leib erfreuen kann.

Füge Dich der Zeit, erfülle Deinen Platz / und räum ihn auch getrost: Es fehlt nicht an Ersatz.

Gesell dich einem Bessern zu, / daß mit ihm deine Kräfte ringen. / Wer selbst nicht weiter ist als du, / der kann dich auch nicht weiterbringen.

Gib nicht zu schnell Dein Wort, so brauchst Du's nicht zu brechen! / Viel besser ist es, mehr zu halten als versprechen.

Im Dienste deines Herrn berufe / dich auf getane Dienste nicht! / Sei still und tu auf jeder Stufe / von neuem immer deine Pflicht.

Im Walde hätte nicht die Axt so leichtes Spiel, / hätt' ihr der Wald nicht selbst geliefert ihren Stiel.

In einer Stunde streckt man einen Baum zur Erden, / der hundert Jahre hat gebraucht, um groß zu werden.

In Sommertagen rüste Deinen Schlitten und Deinen Wagen in des Winters Mitten!

Je höher du wirst aufwärtsgehen, / dein Blick wird immer allgemeiner. / Stets einen größeren Teil wirst du vom Ganzen sehn, / doch alles einzelne immer kleiner.

Klage nicht, daß dir im Leben / ward vereitelt manches Hoffen, / hat, was du gefürchtet eben, / dich doch meist auch nicht getroffen.

Lebe von der Welt geschieden, / und du lebst mit ihr in Frieden.

Leicht stumpf wird überfein, leicht töricht überklug, / weil stets ein Gegenteil ins andre überschlug.

Man glaubt die Wahrheit nicht, wenn sie ein Armer spricht, / und selbst die Lüge glaubt man einem reichen Wicht.

Mein einz'ger Wunsch ist meiner Wünsche Ruh.

Mein Sohn, oft ist von Unempfindlichkeit der Schein / nur eine äußerste Empfindlichkeit allein.

Mit allem wird von selbst Vergnügen sich verbinden. / Vergnügen aber, das man sucht, ist nicht zu finden.

Mit Andacht lies, und dich wird jedes Buch erbauen; Mit Andacht schau, und du wirst lauter Wunder schauen; Mit Andacht sprich nur, und man hört dir zu andächtig; Mit Andacht bist du stark, und ohn' Andacht ohnmächtig.

Mit einem Teil des Lobs sollst du den Freund nur schmücken / ins Antlitz, einen Teil sag hinter seinem Rücken!

Mit jeder Sprache, die du erlernst, befreist / du einen bis daher in dir gebundenen Geist.

Möge jeder still beglückt / seiner Freuden warten! / Wenn die Rose selbst sich schmückt, / schmückt sie auch den Garten.

Neue Besen kehren gut, / Aber es ist besser gewesen, / Als bei den alten der Staub geruht.

Nicht der ist auf der Welt verwaist, / dem Vater und Mutter gestorben, / sondern der für Herz und Geist / keine Lieb' und kein Wissen erworben.

Nichts wie die Schmeichelei ist so gefährlich dir. / Du weißt es, daß sie lügt, und dennoch glaubst du ihr.

Nimm die Gelegenheit vorn bei dem kurzen Haar, / sonst beut sie hinten dir den kahlen Nacken dar.

Nimm ein leichtes Wort nicht so schwer, gönne ihm nicht den Triumph! / Was ein Steinwurf trübt, ist kein Meer, sondern es ist ein Sumpf.

Nur aufs Ziel zu sehen verdirbt die Lust am Reisen.

Nur dem ist Reichtum gut, der ihn mit gutem Fleiß / erworben hat und ihn gut anzuwenden weiß.

Nur wer Ansprüche macht, fühlt sich zurückgesetzt; / Wer nebenaus tritt, ist zuerst nicht noch zuletzt.

O brich den Faden nicht der Freundschaft rasch entzwei! / Wird er auch neu geknüpft, ein Knoten bleibt dabei.

O wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück! / Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück.

Oft nach einem Tag, oft schon nach einer Stunde / belächelst du den Schmerz und fühlst nicht mehr die Wunde.

Prahl nicht heute; Morgen will / dieses oder das ich tun! / Schweige doch bis morgen still, / sage dann: Das tat ich nun!

Schlage nur mit der Wünschelrut / an die Felsen der Herzen an! / Ein Schatz in jedem Busen ruht, / den ein Verständiger heben kann.

Seh'n Geliebter Tod ist mehr als eigne Leiden.

Sei rechtschaffen und arm dazu, / so geschieht dir nirgends ein Harm! / Der Satan läßt den, der gut ist, in Ruh / und der Sultan den, der arm.

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