Johann Gottfried Seume

92 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Ich habe nie davon gehört oder gelesen, daß humilitas oder tapeinosis bei den Alten unter die Tugenden gerechnet worden wären. Demut ist der erste Schritt zur Niederträchtigkeit.

Je mehr ich die Menschengeister beantlitze, desto weniger habe ich Hoffnung für Vernunft und Freiheit und Gerechtigkeit; denn auf den meisten sitzt irgendeine häßliche, schmutzige Leidenschaft, und die übrigen sagen doch gar nichts.

Kleine Bedienungen mögen und dürfen in einer Republik lebenslänglich sein. Wenn es aber die großen sind, geht der Weg zur Despotie.

Laßt euch nur einmal eine Offenbarung aufbürden, und man wird euch bald soviel Unsinn offenbaren, daß ihr vor Angst in der Nacht den Großen Bär und am Tage die Sonne nicht finden könnt.

Man verkauft uns meistens Gesetze für Gerechtigkeit und oft sind sie gerade das Gegenteil.

Mit der Furcht fängt die Sklaverei an, aber auch mit Zutrauen und Sorglosigkeit.

Ob die Weiber soviel Vernunft haben wie die Männer, mag ich nicht entscheiden, aber sie haben ganz gewiß nicht soviel Unvernunft.

Privilegien aller Art sind das Grab der Freiheit und Gerechtigkeit.

Reißt den Menschen aus seinen Verhältnissen, und was er dann ist, nur das ist er.

Schmerz und Freude liegt in einer Schale. / Ihre Mischung ist der Menschen Los.

Sich amüsieren heißt etymologisch: Die Muse loswerden. Amüsement wäre also das Vergnügen der Plattköpfe.

Solon hatte bekanntlich seinen Atheniensern ein Gesetz gegeben, daß bei Bürgerzwisten jeder Bürger eine Partei ergreifen mußte: Das liegt in der Menschennatur, und dadurch wird Vernunft und Freiheitssinn lebendig erhalten.

Viele Menschen haben doch wohl in sich viel Vernunft, aber nicht den Mut, sie auszusprechen. Die Unvernunft sprechen sie weit leichter aus, weil dabei weit weniger Gefahr ist.

Weh dem Lande, wo man nicht mehr singet.

Wem sein eigener Beifall nicht genügt, macht an dem Beifall der Welt einen schlechten Gewinn.

Wem sein eigner Beifall nicht genügt, macht an dem Beifall der Welt einen schlechten Gewinn.

Wenn dem Menschen nicht immer etwas teurer ist als das Leben, so ist das Leben nicht viel wert.

Wenn der Mensch aufhört, zu irgendeinem Punkte eine Tinktur von Narrheit zu haben, so ist es mit seiner Weisheit und bald auch mit seiner Existenz zu Ende. Der Himmel behüte mich also vor der absoluten Weisheit, nach der ich strebe!

Wenn die Staaten ursprünglich mit mehr Vernunft und Gerechtigkeit eingerichtet würden, würden wenig gewaltsame Empörungen zu befürchten sein.

Wenn man sich einmal über Vernunft, echte Freiheit und Liberalismus weggesetzt hat, kann man mit Klugheit und Kühnheit einen weiten Weg machen.

Wenn nur jeder sicher hätte, was er verdiente, so würde alles allgemein gut genug gehen.

Wenn sich nur niemand fürchtete zu sagen, was die Sache ist, so würden alle Sachen besser gehen.

Wenn unser Charakter ausgebildet ist, fängt leider unsere Kraft an, zusehends abzunehmen.

Wer Ansprüche macht, beweist eben dadurch, daß er keine zu machen hat.

Wer den Stempel hat, schlägt die Münze.

Wer den Tod fürchtet, hat das Leben verloren.

Wer die anderen neben sich klein macht, ist nie groß.

Wer die Krankheit hat, keine Ungerechtigkeiten ertragen zu können, darf nicht zum Fenster hinaussehen und muß die Stubentür zuschließen. Vielleicht tut er auch wohl, wenn er den Spiegel wegnimmt.

Wer im Dienst des Staates reich wird, kann kein Mann von Charakter sein. Jeder Staat belohnt seine Diener so, daß sie anständig leben und höchstens einen Sicherheitspfennig sparen können, aber zu Reichtum kann es auf ehrenvolle Weise niemand bringen.

Wer keine Ungerechtigkeit vertragen kann, gelangt selten zu Ansehen in der Gegenwart, und wer es kann, verliert den Charakter für die Zukunft.

Wo die meiste sogenannte positive Religion war, war immer die wenigste Moralität.

Wo die Sinnlichkeit an die Vernunft grenzt, ist sie gewiß immer schön.

Wo es keine Sklaven gibt, da gibt es keine Tyrannen.

Wo Freiheit ist, kann man seine Meinung über einen öffentlichen Mann nie zu früh äußern; man läuft leicht Gefahr, zu spät zu kommen. Tut man ihm durch falschen Argwohn unrecht, desto besser für ihn und das Vaterland! Wenn er sich für beleidigt hält, hat man ihm nicht ganz unrecht getan.

Wo gemeine, schwache Menschen in Bewunderung ausbrechen und die Huldigung anfangen, da gerät der Mann von Sinn und Stärke in Misstrauen; und wo kurzsichtige Menschen mit Unzufriedenheit zu tadeln beginnen, fängt sehr oft des Weiseren bessere Billigung an.

Wo keine Gerechtigkeit ist, ist keine Freiheit, und wo keine Freiheit ist, ist keine Gerechtigkeit.

Wo man anfängt, den Krieger von dem Bürger zu trennen, ist die Sache der Freiheit und Gerechtigkeit schon halb verloren.

Wo man singet, laß dich ruhig nieder, / ohne Furcht, was man im Lande glaubt! / Wo man singet, wird kein Mensch beraubt. / Bösewichter haben keine Lieder.

Wo nur ein einziger Mann den Staat erhalten kann, ist der Staat in seiner Fäulnis kaum der Erhaltung wert.

Wo sich der ehrliche Mann zu fürchten anfängt, hört meistens der Schurke zu fürchten auf.

Über einen Regenten muß man kein Urteil haben, als bis er zwanzig Jahre regiert hat.

Äschylus focht bei Marathon, Sophokles tanzte als Knabe in Salamis am Freiheitsfeste im Chor um die persische Beute, und Euripides wurde in Salamis am Tage der Schlacht geboren. Die Weltgeschichte hat keine Tage mehr wie diese. Die Dichter machten nicht die Zeit, sondern die Zeit machte die Dichter.

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