Alle gemeinsamen Freuden in einer Ehe machen sie fester, alle einsamen lockern sie.
Alle Kunst geht darauf aus, die Phantasie zu beteiligen, alle Technik darauf, sie abzuwürgen.
Allen Moden gemeinsam ist die Beobachtung, daß ihre ersten und ihre letzten Vertreter komisch sind.
An der Parole "Freiheit und Gleichheit" interessiert die Masse in Wahrheit nur die letztere. Mit der Freiheit, die im Gegensatz zu der ihr angeborenen Wollust des Gehorchendürfens steht, weiß sie wenig anzufangen.
Aphorismen sind Telegramme von einer Forschungsexpedition ins Nächstliegende.
Auch die unkleidsame Mode schenkt uns das Gefühl "mit dabeizusein", das wir von dem Gefühl "jung zu sein" kaum zu unterscheiden vermögen.
Auf dem Gebiet, das die größte Nüchternheit verlangt - nämlich in der Politik -, pflegen sich die größten Leidenschaften auszutoben.
Bei allen Menschen, die wir durch Zufall schlafend antreffen, wird es uns blitzschnell deutlich, ob wir sie leiden mögen oder nicht.
Charme ist ein unbewußtes Versprechen.
Das Beste und Schönste einer Reise wird daheim erlebt: Teils vorher, teils nachher.
Das einzige Bedenken gegen die ersatzlose Streichung des Abtreibungsparagraphen scheint mir darin zu bestehen, daß die Masse das, was der Staat nicht mehr bestraft, für eine allgemeine / Empfehlung hält.
Das einzige, was einer Frau gestattet, die Mode zu mißachten, ist ihr Charme.
Das Furchtbarste an jedem Krieg ist der Umstand, daß die Menschen ihn wie ein Naturereignis - etwa wie einen Blitzschlag, ein Erdbeben, eine Springflut - hinzunehmen pflegen, während er in Wirklichkeit ein mit ihrer eigenen Duldung und Mithilfe von Menschenhand vorbereitetes Unternehmen ist, bei dem man den Initiatoren und Managern auch noch die sichersten Plätze reserviert.
Das Glück der Masse heißt Zwang.
Das Grundprinzip des Theaters ist die Indiskretion. Es verrät dem Publikum sämtliche Geheimnisse der auftretenden Personen, die immer nur in einem Teil der Szenen erscheinen, während das Publikum alle Szenen belauscht und dadurch alles erfährt. Der Zuschauer genießt dadurch ein ähnliches Überlegenheitsgefühl wie der Zuschauer beim Blindekuhspiel und der Kiebitz beim Skat oder auch wie der, der von oben in einen Irrgarten hineinblickt. Er ist immer klüger als mindestens eine Person auf der Szene. Wenn alle Personen so klug wie er selbst sind, ist das Stück normalerweise zu Ende.
Das Laster, dem man selbst heimlich nahesteht, verurteilt man am eifrigsten.
Das Verhalten der Frauen den Kriegen und Kriegsvorbereitungen gegenüber legt die Vermutung nahe, daß das gebärende Element in ihnen stärker als das mütterliche ist.
Dem Emigranten legt das Schicksal die schwer erfüllbare Verpflichtung auf, in seinem Herzen neben dem Haß gegen das ihn vertreibende System die Liebe zu dessen Vaterland lebendig zu erhalten. Man kann sagen, er ist umso glücklicher, je edler er ist, da ihm der Haß die Liebe, aber die Liebe den Haß vergällt.
Den Satellitenstaat erkennt man daran, daß er die Gesten der Souveränität zu übertreiben pflegt.
Der Aphorismus will nicht Dumme gescheit, sondern Gescheite nachdenklich machen.
Der Charme hat seinen Sitz in der Seele.
Der Charme ist die Chance der Häßlichen.
Der einzige "Gewaltverzicht" sind leere Kasernen.
Der Film enthebt uns der Mühe, die von ihm abgeblätterten Bildergeschichten zu lesen, das Fernsehen der Unbequemlichkeit, dabei in bezug auf Kleidung und Benehmen auf andere Rücksicht nehmen zu müssen. Die Technik macht uns nicht nur fortgesetzt fauler, sondern auch ständig nachlässiger. Am Schluß dieser Entwicklung dürfte das vollkommene Faultier und der perfekte Flegel stehen.
Der Geizige macht zahllose Testamente. Sie haben für ihn den Reiz einer Geldausgabe, von der er weiß, daß er sie nie erlebt.
Der Hausarzt ist verschwunden. Das Arzthaus wird immer größer.
Der Krieg ist im Begriff, sich unter Umgehung des Kampfes zur Ausrottung zu vereinfachen, und da seine Feldherren, soldatisch gesehen, ähnlich heruntergekommen sind wie die Kammerjäger, unter denen man einst die Leibjäger eines Fürsten und erst später die Vertilger von Ratten, Mäusen und anderem lästigen Ungeziefer verstand, sollte man ihnen nach einer geglückten Waffentat eigentlich die "Goldene Wanze" an die Heldenbrust heften.
Der Krieg ist weniger eine Schmach der Männer, die ihn führen, als der Frauen, die ihn dulden.
Der Sport dient der Völkerversöhnung, in dem er den Völkern ständig neue Zankäpfel zuwirft, an denen sie ihren Nationalismus abreagieren können.
Die abergläubische Scheu der Künstler, über künftige Werke, Bücher, Rollen usw. zu sprechen, beruht auf der Angst, durch die kleinste Preisgabe ihrer schöpferischen Geheimnisse die Kraft zu ihrer stilsicheren Ausführung zu verlieren. Alle Kunstwerke sind ursprünglich "Luftgebilde" der Phantasie, die sich am besten realisieren, wenn sie weder durch Beifall noch durch Kritik und Tadel gestört werden. Niemand kann einem Künstler helfen. Er muß sich verrennen oder durchs Ziel laufen. Was ihm durch hilfreiche Menschen abgenommen werden kann, ist allenfalls nur seine schöpferische Naivität.
Die Apotheker sind bemüht, ihr kaufmännisches Talent hinter ihrer wissenschaftlichen Vorbildung zu verbergen.
Die Behauptung mancher Politiker, eine Neutralität sei nicht zu verwirklichen, trifft insofern zu, als sie mit ihnen nicht zu verwirklichen ist.
Die Ehemänner wollen nicht ausbrechen, sondern anschließen.
Die einzige Ehrung, die die Welt dem Dichter erweist, besteht darin, daß seine Armut nicht als beschämend gilt.
Die erotische Bedeutsamkeit des Automobils wird offenbar, wenn man darauf achtet, wie viele große und elegante Wagen von häßlichen Leuten gefahren werden.
Die Feigheit tarnt sich am liebsten als Vorsicht oder Rücksicht.
Die feinste Reisekunst besteht darin, zu einigen besonders schönen Plätzen immer wieder einmal zurückzukehren, bis sich in uns eine Art Heimatgefühl entwickelt, das sie doppelt kostbar macht.
Die Frauen lieben die Keckheit im Gewande der Verehrung.
Die Frauen nähern sich uns durch Ausweichen.
Die Frauen, von denen die Männer meinen, sie seien ihnen über den Weg gelaufen, haben sich ihnen in den meisten Fällen in den Weg gestellt.
Die Friedensliebe fängt damit an, daß man aufhört, von gerechten Kriegen zu sprechen.
Die Jugend ist trotz ihrer Frechheiten schüchterner, das Greisenalter trotz seiner Würde frecher, als man glaubt.
Die katholische Kirche ist im letzten Bergdorf noch so gewaltig wie in Rom. Die protestantische Kirche ist überall so gewaltig, wie es ihr jeweiliger Prediger ist.
Die katholische Kirche unterschätzt den einzelnen, die protestantische überschätzt die Masse.
Die Koketterie der Frauen ist eine Art von Notwehr. Sie gleichen mit ihrer Hilfe den Nachteil, nicht wählen zu dürfen, wieder aus, indem sie einen möglichst großen Kreis von Verehrern und Bewerbern um sich sammeln, unter denen sie wählen können. Die Koketterie ist ihre Form der Initiative.
Die Kunst besteht nicht in einer Summierung, sondern in einer Vorbereitung von Pointen. Künstler, denen wenig einfällt, sind nicht selten die erfolgreicheren.
Die Kunst des Lebens besteht darin, seine geistige Seite so mit der sinnenhaften abzustimmen, daß keine das Übergewicht bekommt.
Die Lust, Prozesse zu führen, nimmt demselben Grade ab, in dem man den Wert der Zeit erkennt.
Die meisten bekämpfen fremde Gedanken, um eigene zu entwickeln oder vorzutäuschen. Der Gegner ist ihr Stecken und Stab, ohne den sie nicht bis zur nächsten Ecke kämen, oder die stabile Säule, an der sich ihr Kletterpflanzentalent effektvoll hochranken kann.
Die meisten Freundschaften brechen sich auf dem Duzfuß das Bein. Das kommt daher, weil die Freundschaft im Gegensatz zur Liebe eine Kunst der Distanz ist.