Jean-Jacques Rousseau

212 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Aber ich bestehe darauf, dass die Bibel, wenn sie uns eine unwürdige Vorstellung von Gott vermitteln sollte, in diesem Punkt abgelehnt werden müsste, wie man in der Geometrie Beweise ablehnt, die zu widersinnigen Schlüssen führen. Denn wie glaubwürdig der heilige Text auch immer sei, es ist immer noch wahrscheinlicher, dass die Bibel verfälscht, als dass Gott ungerecht oder boshaft ist.

Ach, was nützt es, das Laub zu begießen, wenn der Baum an seinem Fuße durchhauen ist.

Alle Bosheit kommt von der Schwachheit.

Alle Empfindungen, die wie beherrschen, sind rechtmäßig; alle, die uns beherrschen, sind verbrecherisch.

Alle Morgen muss man es eine Viertelstunde betrachten, so lange, bis man sich von einer gewissen Rührung durchdrungen fühlt. Darauf hält man es an die Augen, an den Mund, an das Herz.

Alle Reichen stellen das Gold über die Verdienste.

Aller Aufschub ist gefährlich.

Alles ist gut, wenn es aus den Händen des Schöpfers hervorgeht; alles entartet unter den Händen des Menschen.

Als die Goten Griechenland verwüsteten, blieben alle Bibliotheken nur deswegen vom Feuer verschont, weil einer von ihnen die Meinung aufgebracht hatte, man müsse den Feinden diese Dinge lassen, die so geeignet wären, sie von der Kriegsübung abzubringen und sie mit einer müßigen und sitzenden Beschäftigung zu unterhalten.

Anmut ohne Ungezwungenheit ist undenkbar.

Arbeiten ist demzufolge unerläßliche Pflicht des sich in der Gesellschaft bewegenden Menschen. Ob reich oder arm, ob mächtig oder schwach, jeder müßige Bürger ist ein Spitzbube.

Auf allen Gebieten ist die Einfachheit verschwunden, selbst aus der Kinderstube. Schellen von Silber, von Gold, von Korallen, von geschliffenem Kristall, Klappern von jedem Preise und jeder Gattung - was für unnützes und verderbliches Zeug! Fort mit all diesem Krame! Fort mit den Schellen! Fort mit den Klappern! Kleine Baumzweige mit ihren Früchten und Blättern, ein Mohnkopf, in welchem man die Samenkörner klappern hört, ein Stück Süßholz, an dem es saugen und kauen kann, werden das Kind in ebenso großes Entzücken versetzen.

Auf den Knien schreibe ich an dich, das Papier benetze ich mit meinen Tränen.

Auf der Bühne kann man alles, nur die gesunde Vernunft nicht brauchen.

Auf seine Freiheit verzichten, heißt auf seine Menschenwürde, Menschenrechte, selbst auf seine Pflichten verzichten.

Bei allen Tugenden, bei allen Pflichten sucht man nur den Schein; ich suche die Wirklichkeit.

Bei der Erzählung jeder ungerechten Handlung, wer auch ihr Opfer oder wo auch ihr Schauplatz sei, gerät mein Herz in Flammen, als ob die Wirkung auf mich zurückfiele.

Bei der Geburt der Gesellschaften schaffen die Führer der Republiken die Institution, und alsbald bildet die Institution die Führer der Republiken.

Bei dieser körperlichen Untätigkeit ist indes meine Seele noch tätig, noch erzeugt sie Gefühle und Gedanken, und ihr inneres, moralisches Leben scheint durch das Absterben alles irdischen und zeitlichen Interesses noch zugenommen zu haben.

Bei unserer Geburt treten wir auf den Kampfplatz und verlassen ihn bei unserem Tode.

Beleidigungen sind die Argumente derer, die unrecht haben.

Beleidigungen sind die Argumente derer, die Unrecht haben.

Beleidigungen sind die Gründe jener, die unrecht haben.

Bevor man beobachtet, muss man sich Regeln für seine Beobachtungen machen.

Darüber murren, daß Gott der Ausübung des Bösen nicht hindernd entgegentritt, heißt darüber murren, daß er dem Menschengeschlecht so hohe Gaben verliehen und mit den Handlungen der Menschen eine Moralität verbunden hat.

Das Böse, das der Mensch tut, fällt wieder auf ihn zurück.

Das Christentum predigt nur Knechtschaft und Unterwerfung. Sein Geist ist der Tyrannei nur zu günstig, als daß sie nicht immer Gewinn daraus geschlagen hätte. Die wahren Christen sind zu Sklaven geschaffen.

Das Einnehmen von Arzneien ist bei uns Mode; das muss es sein. Es ist der Zeitvertreib müßiger Leute, die nichts zu tun haben, die nicht wissen, was sie mit ihrer Zeit machen sollen, und sie daher anwenden, sich zu erhalten.

Das einzige Mittel, den Irrtum zu vermeiden, ist die Unwissenheit.

Das Gewissen ist die Stimme der Seele. Die Leidenschaften sind die Stimme des Körpers.

Das große Geheimnis der Erziehung besteht darin, daß die Übungen des Geistes und des Körpers einander wechselseitig entspannen.

Das Kind wird von einem vernünftigen, wenn auch, was die Kenntnisse anlangt, etwas beschränkten Vater besser als von dem geschicktesten Lehrer der Welt erzogen werden; denn der Eifer wird das Talent eher als das Talent den Eifer ersetzen.

Das Leben ist kurz, weniger wegen der kurzen Zeit, die es dauert, sondern weil uns von dieser kurzen Zeit fast keine bleibt, es zu genießen.

Das Moralische in der Liebe ist ein künstliches, von der Gesellschaft erfundenes Gefühl, welches die Frauen mit vielem Geschick und mit großer Hingebung feiern, um ihr Reich zu begründen und das Geschlecht, das gehorchen sollte, zum herrschenden zu machen.

Das Wesentlichste ist, dass wir das sind, wozu uns die Natur bestimmt hat. Man ist stets nur gar zu sehr das, was die Menschen wollen, dass man sein soll.

Der Atem des Menschen ist für seinesgleichen tödlich.

Der Ausdruck der Empfindungen liegt in den Gebärden, der Ausdruck der Gedanken in den Blicken.

Der ehrliche Mann aus dem einen Hause gilt als Schelm im Nachbarhause.

Der Einzelwille strebt von Natur nach Auszeichnung und der Gemeinwille nach Gleichheit.

Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen »Dies gehört mir« und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wieviel Elend und Schrecken wäre dem Menschengeschlecht erspart geblieben, wenn jemand die Pfähle ausgerissen und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: »Hütet euch, dem Betrüger Glauben zu schenken; ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass zwar die Früchte allen, aber die Erde niemandem gehört«.

Der Geschmack ist die Kunst, sich auf Kleinigkeiten zu verstehen.

Der Gott, den ich anbete, ist nicht ein Gott der Finsternis; er hat mir den Verstand nicht gegeben, um mir den Gebrauch desselben zu untersagen. Von mir verlangen, meine Vernunft gefangen zu geben, heißt ihren Schöpfer beleidigen.

Der Katholik muß die Entscheidung, die man ihm gibt, annehmen. Der Protestant muß lernen, sich selbst zu entscheiden.

Der Lakedaimonier Phedaretes bewirbt sich um Aufnahme in den Rat der Dreihundert. Er wird verworfen. Voller Freude, daß es in Sparta dreihundert bessere Männer als ihn gibt, geht er wieder nach Hause.

Der Leib hat so wie der Geist seine Bedürfnisse.

Der Mann sagt, was er weiß, die Frau, was gefällt. Der eine bedarf, um zu sprechen, der Kenntnisse, die andere des Geschmacks. Ihre Reden sollen keine Formen miteinander gemeinsam haben als die der Wahrheit.

Der maßvolle Mensch aber kommt stets wieder auf seine alten Gepflogenheiten zurück und verliert auch in seinem Alter nicht den Geschmack an den Vergnügungen, die er als Kind liebte.

Der Mensch beginnt nicht leicht zu denken. Sobald er aber erst einmal den Anfang damit gemacht hat, hört er nicht mehr auf.

Der Mensch ist frei geboren, und überall liegt er in Ketten.

Der Priester suchte zunächst wieder Selbstliebe und Selbstachtung in ihm zu entfachen; er malte ihm aus, eine wie glückliche Zukunft er sich durch eine geschickte Anwendung seiner Talente bereiten könne, und verstand es, durch Erzählung guter Handlungen, welche andere ausgeübt hatten, sein Herz wieder für alles Edle zu erwärmen.

 Top