Emanuel Geibel

96 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

's ist eben manchen Leuten eigen, / daß ihnen Schlichtes nicht gerät; / sie müssen immer ins Fenster steigen, / auch wenn die Haustür offen steht.

Aber die Zeiten vergehn, es vernarben die Wunden, und arglos / über die Stätten des Mords wandelt ein junges Geschlecht.

Ahnend sagt dir ein weiblich Gemüt, was gut und was schön sei, / doch mißtraue der Frau, wenn sie mit Gründen dir kommt!

Als aus Eden verbannt untröstlich Eva sich härmte, / schenkte der Herr ihr das Kind, daß sie der Tränen vergaß.

Altern ist einsam werden und, die du liebest, begraben. / Wohl dir, wenn dir ein Kind hold die Verlornen ersetzt.

Architektur und Musik, euch beide grüß ich als Schwestern, / die ihr die zwingende Kraft ewiger Maße bewährt.

Arglos über dem Tod gaukelt die Freude dahin.

Auch die Kränze des Ruhms sind Gunst und Gnade der Götter, / die sie dem Glücklichen nur unter den Würdigen leihn.

Bei der Arbeit recht Beginnen, / beim Genießen rechter Schluß!

Bringe Scharfsinniges vor, so wird dich der Haufen beklatschen, / aber den Tiefsinn kann einzig die Tiefe verstehn.

Das Herz hat auch sein Ostern, wo der Stein / Vom Grabe springt.

Das höchste Glück hat keine Lieder, / der Liebe Lust ist still und mild. / Ein Kuß, ein Blicken hin und wider, / und alle Sehnsucht ist gestillt.

Das ist das alte Lied und Leid, / daß dir Erkenntnis erst gedeiht, / wenn Mut und Kraft verrauchen. / Die Jugend kann, das Alter weiß. / Du kaufst nur um des Lebens Preis / die Kunst, das Leben zu gebrauchen.

Das ist klarste Kritik von der Welt, / wenn neben das, was ihm mißfällt, / einer was Eigenes, Besseres stellt.

Dem Aste gleich, darauf der Vogel schlummert, ist / erlernte Weisheit dir ein Halt bei stiller Frist. / Doch in der Zeit des Sturms zerbricht gar leicht der Ast- / weh dir, wenn du alsdann nicht selber Flügel hast!

Dem grauen Scheitel fällt das Lernen schwer.

Der hat's wahrhaftig als Poet / nicht hoch hinausgetrieben, / in dessen Liedern nicht mehr steht, / als er hineingeschrieben.

Der kleine Geist, fand er in Gott die Ruh, / schließt vor der Welt sich ängstlich bangend zu. / Der große strebt, gestählt an Kraft und Sinnen, / die Welt für Gott erobernd zu gewinnen.

Der Mann fragt Bücher, Freunde Welterfahrung. / Das Weib vernimmt des Herzens Offenbarung.

Der Maulwurf hört in seinem Loch / ein Lerchenlied erklingen / und spricht: "Wie sinnlos ist es doch, / zu fliegen und zu singen!"

Des Schülers Kraft entzündet sich am Meister; / doch schürt sein jugendlicher Hauch / zum Dank des Meisters Feuer auch.

Die Dornen, die Disteln, die stechen gar sehr, / doch stechen die Altjungfernzungen noch mehr.

Die Freiheit hab ich stets im Sinn getragen, / doch haß ich eins noch grimmer als Despoten: / Das ist der Pöbel, wenn er sich den roten / zerfetzten Königsmantel umgeschlagen.

Die Liebe bricht herein wie Wetterblitzen, die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondenlicht. Die Liebe will erwerben und besitzen, die Freundschaft opfert, doch sie fordert nicht.

Die Liebe bricht herein wie Wetterblitzen, / die Freundschaft kommt wie dämmernd Mondenlicht. / Die Liebe will erwerben und besitzen, / die Freundschaft opfert, doch sie fordert nicht.

Die Zeit ist wie ein Bild von Mosaik, / zu nah beschaut verwirrt es nur den Blick; / willst du des Ganzen Art und Sinn verstehn, / so mußt du's, Freund, aus rechter Ferne sehn.

Die Zeit zum Handeln jedesmal verpassen, / nennt ihr "die Dinge sich entwickeln lassen". / Was hat sich denn entwickelt, sagt mir an, / das man zur rechten Stunde nicht getan?

Du suchst umsonst auf irrem Pfade / die Liebe dir im Drang der Welt. / Ein Wunder ist die Liebe, Gnade, / die wie der Tau vom Himmel fällt. / Sie kommt wie Nelkenduft im Winde, / sie kommt, wie durch die Nacht gelinde / aus Wolken fließt des Mondes Schein. / Da gilt kein Ringen, kein Verlangen. / In Demut magst du sie empfangen, / als kehrt' ein Engel bei dir ein.

Eifersucht macht scharfsinnig und blind, / sieht wie ein Schütz und trifft wie ein Kind.

Ein ewig Rätsel ist das Leben, / Und ein Geheimnis bleibt der Tod.

Eine Biene, die versucht zu stechen, bringt keinen Honig mehr nach Haus.

Es ist der Glaub ein schöner Regenbogen, / der zwischen Erd und Himmel aufgezogen: / Ein Trost für alle, doch für jeden Wandrer, / je nach der Stelle, da er steht, ein andrer.

Freude macht uns Unsterblichen gleich. Das Siegel der Menschheit / drückt uns der Schmerz auf die Stirn, wenn er uns beugt und erhebt.

Gibt die Not dich wieder frei, / prüfe dich mit frommem Eifer! / Ach, und wardst du drin nicht reifer, / spricht noch nicht: Sie ist vorbei!

Glaube, dem die Tür versagt, / steigt als Aberglaub' ins Fenster. / Wenn die Götter ihr verjagt, / kommen die Gespenster.

Gott würde dich so hart nicht fassen, / hättest du sanft dich führen lassen.

Harret nur aus! Zwar folgt auf den Fortschritt ewig der Rückschlag, / doch er verbraust, und es bleibt immer ein Rest des Gewinns.

Hoch vor allen / Gaben der Himmlischen / sei mir gepriesen / du, der Seele / labendes Wasser, / gliederlösender / heiliger Schlaf.

In der Not erst magst Du zeigen, / wer Du bist und was Du kannst.

Ins Unendliche strebt sich die Bildung der Zeit zu erweitern, / aber dem breiteren Strom droht die Verflachung bereits.

Irre den Mutigen nicht! Oft glückt leichtblütiger Jugend, / was bei gediegener Kraft zweifelnd das Alter nicht wagt.

Irrtum ist Farbe, Wahrheit Licht.

Jeglichem wurde das Recht zu lieben. Glücklich zu lieben / ist ein göttlich Geschenk, das du aus Gnaden empfängst.

Kannst du keine Blitze werfen, / Freund, so laß das Donnern auch!

Kommen Grillen, dich zu plagen, wiege sie mit Liedern ein.

Kommt dir ein Schmerz, so halte still / und frage, was er von dir will!

Laß mir die Knaben vom Feste, / denn sie haben noch nichts erlebt! / Das ist am Weine das beste, / daß die Erinnerung drüberschwebt.

Lehr' nur die Jungen weisheitsvoll, / wirst ihnen keinen Irrtum sparen. / Was ihnen gründlich helfen soll, / das müssen sie eben selbst erfahren.

Leicht ist's, törichtes Lob zu verschmähn. Erst wer den gerechten / Tadel zu ehren versteht, wird als bescheiden gerühmt.

Liebe, die von Herzen liebt, / ist am reichsten, wenn sie gibt. / Liebe, die von Opfern spricht, / ist schon rechte Liebe nicht.

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