Franz Grillparzer

308 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Man kann den Charakter eines Menschen nie besser kennenlernen als an seinem Krankenbette, sowie die Gesinnungen während seines Rausches.

Man könnte die klassische und romantische Poesie auch als die männliche und weibliche (weibische?) bezeichnen.

Man sage nicht, das Schwerste sei die Tat! / Da hilft der Mut, der Augenblick, die Regung. / Das Schwerste dieser Welt ist der Entschluß.

Matthias herrsche denn. Er lerne fühlen, / daß Tadeln leicht und Besserwissen trüglich, / da es mit bunten Möglichkeiten spielt, / doch Handeln schwer, als eine Wirklichkeit, / die stimmen soll zum Kreis der Wirklichkeiten.

Mein Bruder ist katholischer als ich. / Er ist's aus Furcht, indes ich's nur aus Ehrfurcht.

Mein Name herrscht, das ist zur Zeit genug. / Glaubst: In Voraussicht lauter Herrschergrößen / ward Erbrecht eingeführt in Reich und Staat? / Vielmehr nur: Weil ein Mittelpunkt vonnöten, / um den sich alles schart.

Mein Wissen ist gegen das eure ein Kind, / fern sei, daß ich es leugne; / nur daß eure Gedanken fremde sind, / die meinen aber eigne.

Mit drei Ständen hab ich nichts zu schaffen: Mit Beamten, Gelehrten und Pfaffen.

Moral ist ein Maulkorb für den Willen, Logik ein Steigriemen für den Geist.

Mücken seihen und Kamele schlucken waren stets des deutschen Geistes Mucken.

Nachahmen oder anfeinden ist der Charakter der Menge.

Nicht der Gedanke wird bestraft, die Tat.

Nichts wird in den menschlichen Dingen, namentlich in der Staatskunst und der Diplomatie, so häufig verwechselt wie die Verständigkeit und die Schlauheit. Sie unterscheiden sich darin, daß die Schlauheit nur das Gegenwärtige im Auge hat und Mittel sucht, das Nächstliegende zu Nutzen und Vorteil zu bringen, indes die Verständigkeit das Gegenwärtige aus dem Vergangenen herleitet und die wahrscheinliche Zukunft nicht aus dem Auge verliert. Die Schlauheit ist daher oft scharfsichtiger und fast immer geschickter als ihr verständiges Gegenbild, eben weil sie einen engern Gesichtskreis hat und man Weniger leichter übersieht als Viel. Nur zu oft aber entgeht ihr der kaum errungene Nutzen, und der Held von heute ist das Gespött von morgen.

Niemals etwas, immer über, / über etwas schreib, mein Lieber! / So kommt Eignes zur Entfaltung, / und das Fremde gibt die Haltung.

Niemand ist in Gefahr, stumpf zu werden, wie der höchst Reizbare.

Niemand ist rein. Das Schlimme will sein Recht; / und wer's nicht beimischt tropfenweis dem Guten, / den wird's gesamt aus Eimern überfluten.

Nimm, was dein; und scheint's zuviel, dieses als zuviel Erkennen / macht dich wert, es dein zu nennen.

Noch nehm' ich nicht dem Ernste seine Lust, / indem ich mit des Scherzes Lust sie menge.

Nur die Künstler verderben die Kunst.

Nur dienend ehrt der Diener seinen Herrn.

Nur eine Schmach weiß ich auf dieser Erde, / und die heißt: Unrecht tun.

Nur er ist da, er in der weiten Welt, und alles andre nichts als Stoff zu Taten. / Voll Selbstheit, nicht des Nutzens, doch des Sinns, / spielt er mit seinem und der andern Glück.

O schilt das goldne Jugendalter nicht! / Der Kopf ist rasch, allein das Herz ist gut.

O, daß die Männer nur ins Weite streben! / Sie nennen's Staat, das allgemeine Beste, / was doch ein Trachten nach dem Fernen nur. / Gibt's denn ein Bestes, das nicht auch ein Nächstes?

O, ihr kunsthistorisches Gelichter! / Nennt ihr den Tonsetzer "Tondichter"? / Dann nennt auch, was wir Dichter nannten, / in Zukunft "Wörtermusikanten".

O, man sollte grollen können, / grollen, so wie andre fehlen, / lang und unabänderlich, / daß Verzeihung Preis der Bessrung / und nicht Lohn des Fehlers schiene; / denn es ist fürwahr nicht billig, / daß die Strafe der Beleidigung / nicht einmal so lange währe, / ach, als der Beleid'gung Schmerz.

Ohne Ahnung vom Übersinnlichen wäre der Mensch allerdings Tier; eine Überzeugung davon aber ist nur für den Toren möglich und nur für den Entarteten notwendig.

Pfui, Argwohn, Spürhund von des Teufels Meute!

Poesie ist die Verkörperung des Geistes, die Vergeistigung des Körpers, die Empfindung des Verstandes und das Denken des Gefühls.

Reich aus dem Vorrat ihrer tiefsten Wünsche / bekleiden sie der Neigung Gegenstand. / Was irgend schön, und wär' es unvereinbar, / vereinen sie ob dem geliebten Haupt. / Doch kommt der Tag, der sie des Irrtums zeiht, / zerstreut, was sie Unmögliches verbunden, / dann gärt's in ihnen, und der Eigenwille / stößt feindlich aus, was sonst so freundlich schien.

Religion ist die Poesie der unpoetischen Menschen.

Religiosität ist die Weingärung des sich bildenden und die faule Gärung des sich zersetzenden Geistes.

Ruf sie zurück, mit ihr rufst du dein Glück. / Ein neues Band, es wär' ein neu Beginnen, / mit ihr nur setzest du dein Leben fort. / Und wie die Wunde, die, von kluger Hand / geschlossen, allgemach, verborgen heilt, / die abgerißnen Fäserchen sich suchen / und eigne Heilkraft, selbsterzeugte Säfte / hinüber und herüber Brücken baun, / bis selbst der Narbe letzte Spur verschwunden, / so wirst du stehen, ein gesunder Leib, / in deiner frühern Kraft und deiner Schöne. / Sag nicht, sie habe Fehler, dies und das. / Es ist das Weib vom Selbst des Manns ein Teil. / Und wer hat seinen Arm sich abgehauen, / weil er ihm nicht gefiel, den Fuß gekürzt, / weil er zu lang, das Auge ausgebohrt, / weil braun es war, nicht blau? Ertrag das Leichte, / damit dir jemand tragen hilft, was schwer! / Und findest du die Beste des Geschlechts, / kannst du ihr geben die Erinnerungen, / die jene mitträgt aus dem Lenz der Tage, / wo noch das Leben grün, die Wünsche biegsam, / von einem Schnitt der bittersüßen Neigung / sich Pfropfreis fügt und Stämmchen hold in eins, / zu eines Daseins ungeteilten Früchten? / Das Alter, Herr, ich seh's an meinem Ohm, / ist weis' und klug, die Jugend aber heilig; / erhalt sie in der Jugendfreundin dir!

Rätsel geben ziemt nur der Gewalt.

Sah ich eure Betten gar so weich, / dacht' ich: Ihr Schlaf ist schlecht wohl, weil so wählig. / Und die Geräte in den Küchenräumen, / verfälschend das Bedürfnis mit der Kunst, / zu sagen schienen sie: Hier fehlt der Hunger, / der beste Koch und auch der beste Gast. / In meiner Hütte ißt und schläft sich's wohl; / der Überfluß ist schlechtverhüllter Mangel.

Sammlung? Mein Kind, sprach das der Zufall bloß? / Wie, oder fühltest du des Wortes Inhalt, / das du gesprochen, Wonne meinem Ohr? / Du hast genannt den mächt'gen Weltenhebel, / der alles Große tausendfach erhöht / und selbst das Kleine näher rückt den Sternen. / Des Helden Tat, des Sängers heilig Lied, / des Sehers Schaun, der Gottheit Spur und Walten, / die Sammlung hat's getan.

Schön ist. was durch die Vollkommenheit in seiner Art die Idee der Vollkommenheit im allgemeinen erweckt.

Schönheit war und ist / so Adelsbrief als Doktorhut den Weibern.

Seit ihr so eifrig im Studieren, / muß meine Hoffnung auf Genesung scheitern: / Ihr wollt nicht einen Kranken kurieren, / sondern nur eure Wissenschaft erweitern.

Seit man nicht mehr in die Kirche geht, ist das Theater der einzige öffentliche Gottesdienst, sowie die Literatur die Privatandacht.

Selbst die Götter dehnen sich und wachsen / und mischen sich in einen Riesengott; / und allgemeine Liebe wird er heißen. / Doch, teilst du deine Liebe in das All, / bleibt wenig für den einzelnen, den nächsten, / und ganz dir in der Brust nur noch der Haß. / Die Liebe liebt den nahen Gegenstand, / und alle lieben ist nicht mehr Gefühl. / Was du Empfindung wähnst, ist nur Gedanke, / und der Gedanke schrumpft dir ein zum Wort, / und um des Wortes willen wirst du hassen, / verfolgen, töten!

Sie legen Lipp' an Lippe / - ich sah es wohl - und flüstern so sich zu, / was zu geheim für die geschwätz'ge Luft. / Mein Mund sei Mund, der deine sei dein Ohr! / Leih mir dein Ohr für meine stumme Sprache!

Sie wollen einen Richter, der entscheide, / nicht was da gut und billig, fromm und weise, / nein, nur was recht, wieviel ein jeder nehmen, / wieviel verweigern kann, ohn' eben Dieb / und Schelm zu heißen.

Sind die Molltonarten nicht die Weiber der Musik?

Sind Recht doch und Beweis die beiden Krücken, / an denen alles hinkt, was krumm und schief.

So lohnt die Welt für unsre Sorge: Sie saugt uns aus und findet uns dann welk, / indes sie prangt mit unsern besten Kräften.

So sind sie nun, Britanniens Kinder, alle: / Trifft man aufs Haar nicht den gewohnten Brauch, / so weisen sie's zurück und lächeln vornehm.

Staatliche Grundveränderungen gleichen den chirurgischen Operationen: Heilbringend für die Zukunft, verdoppeln sie das Übel in der Gegenwart, und mehr als ein Patient ist schon am Wundfieber gestorben.

Stolz gegen Stolz, wie Kiesel gegen Stahl, / erzeugt, was beiden Feind, den Feuerstrahl.

Streitsücht'ge Nachbarsherrn sind eist und Körper, / die Grenzen wechseln und verwirren ie. / Man weiß oft nicht, auf wessen Grund an steht.

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