Suche selbst deine Fehler zu erkennen; denn die Wohlwollenden machen dich nicht darauf aufmerksam, um dir nicht weh zu tun, die Feindseligen nicht, weil sie sich über diese Fehler freuen.
Trauernde sind überall sich verwandt.
Umsonst nicht hat zum Schmuck der Musen Chor / den unfruchtbaren Lorbeer sich erwählt. / Kalt, frucht- und duftlos drücket er das Haupt, / dem er Ersatz versprach für manches Opfer. / Gar ängstlich steht sich's auf der Menschheit Höhn, / und ewig ist die arme Kunst gezwungen, / zu betteln von des Lebens Überfluß!
Und hat es, Esau gleich, sein Recht verscherzt, / wir kreuz'gen täglich zehenmal den Herrn / durch unsre Sünden, unsre Missetaten, / und jene haben's einmal nur getan.
Und ihren Rat, nicht acht, ich ihn gering. / Dann, glaubst du nicht, daß, wenn sie eingewilligt, / mit Doppelkraft sie an die Arbeit gehn? / Nicht nur den eignen Nutzen liebt der Mensch, / die eigne Meinung hat ihm gleichen Wert; / er hilft dir gern, sieht er im Werk das seine.
Und wenn das Herz dich zu dem Weibe zieht, / so fragst du nicht, ob sie der Frauen Erste, / das Mal auf ihrem Hals wird dir zum Reiz, / ein Fehler ihrer Zunge scheint Musik.
Und wer, wenn noch so stumpf, / erfreute sich an seinem Kinde nicht, / wenn es einhergeht auf der Hoheit Spuren?
Undank gräbt tiefer als des Totengräbers Spaten.
Unser Erklären der Natur besteht darin, daß wir ein selten vorkommendes Unverständliches auf ein oft vorkommendes, aber ebenso Unverständliches zurückführen.
Unsre Neigungen, Gedanken, / scheinen gleich sie ohne Schranken, / gehn doch, wie die Rinderherde, / eines in des andern Tritt. / Drum, bei allem, was ihr macht, / sei der Anfang reif bedacht.
Viel Übles hab' an Menschen ich bemerkt. / Das Schlimmste ist ein unversöhnlich Herz.
Von allen Tugenden die schwerste und seltenste ist die Gerechtigkeit. Man findet zehn Großmütige gegen einen Gerechten.
Von allen Worten, die die Sprache nennt, / ist keins mir so verhaßt als das Von Recht. / Ist es dein Recht, wenn Frucht dein Acker trägt? / Wenn du nicht hinfällst tot zu dieser Frist, / ist es dein Recht auf Leben und auf Atem? / Ich sehe üb'rall Gnade, Wohltat nur / in allem, was das All für alle füllt, / und diese Würmer sprechen mir von Recht?
Von der Humanität über die Nationalität zur Bestialität.
Von Männern großgezogen und gepflegt, / genährt vorzeitig mit der Weisheit Früchten, / selbst seine Ehe treibend als Geschäft, / kommt ihm zum erstenmal das Weib entgegen, / das Weib als solches, nichts als ihr Geschlecht, / und rächt die Torheit an der Weisheit Zögling.
Voraussicht ist ja Vorsicht.
Wahr ist der Wolf, der brüllt, eh er verschlingt, / wahr ist der Donner, drohend, wenn es blitzt, / wahr ist die Flamme, die von fern schon sengt, / die Wasserflut, die heulend Wirbel schlägt. / Wahr sind sie, weil sie sind, weil Dasein Wahrheit.
War einer je gerecht, der niemals hart? / Und der da mild, ist selten ohne Schwäche. / Der Tapfre wird zum Waghals in der Schlacht. / Besiegter Fehl ist all des Menschen Tugend.
Warum das Vergangene uns so lieblich dünkt? Aus demselben Grunde, warum eine Graswiese mit Blumen aus der Entfernung ein Blumenbeet scheint.
Was bist denn du, der du dem Bruder lügst, / den Freund betrügst, dein Nächstes hintergehst? / Du bist kein Tier, denn das ist wahr, / kein Wolf, kein Drach', kein Stein, kein Schierlingsgift: / Ein Teufel bist du; der allein ist Lügner, / und du ein Teufel, insofern du lügst.
Was die Brust im Wachen enget, / aber treu Verschließt der Mund, / hat der Schlaf das Band gesprenget, / tut es sich in Träumen kund.
Was dir als Höchstes gilt, die Überzeugung, / acht sie in andern auch, sie ist von Gott, / und er wird selbst die Irrenden belehren.
Was für ein ärmlich Wesen ist der Mensch, / wenn, was als Hoffnung seine Sinne weckte, / ihm als Erfüllung sie in Schlaf versenkt!
Was lange dauern soll, sei lang erwogen.
Was man die Tugend nennt, sind Tugenden, / verschieden, mannigfalt nach Zeit und Lage.
Was mir an deinem System am besten gefällt? / Es ist so unverständlich wie die Welt.
Was schwatzt ihr mir von einer neuen Zeit? / Die Zeiten hatten sich erneut, es ist nicht lang; / Was aber jetzt für neue Zeit sie halten. / Ist nur verdeckte Wiederkehr zur alten.
Was setzt ihr ihnen Bilder von Stein, / als könnten sie jemals vergessen sein? / Wollt ihr sie aber wirklich ehren, / so folgt ihrem Beispiel und horcht ihren Lehren!
Was verworren war, wird helle, / was geheim, ist's fürder nicht; / die Erleuchtung wird zur Wärme, / und die Wärme, sie ist Licht.
Was war es denn, was Napoleon zu all seinen ungeheuren Unternehmungen antrieb? Frankreich, die Welt zu beglücken? Daran hat er wohl nie so eigentlich gedacht. Nachruhm? Er hat wohl nicht fest genug an die Unsterblichkeit der Seele geglaubt, als daß die Unsterblichkeit des Namens ein so gewaltiges Motiv für ihn sein konnte. Was also denn? Das Bedürfnis seines unablässig bewegten Geistes nach immer neuen, nach immer stärkeren Reizmitteln. Es fehlte ihm die Fähigkeit, zu genießen, darum mußte er immer handeln.
Weh dem, den aus der Seinen stillem Kreise / des Ruhms, der Ehrsucht eitler Schatten lockt! / Ein wild bewegtes Meer durchschiffet er / auf leicht gefügtem Kahn. Da grünt kein Baum, / da sprosset keine Saat und keine Blume, / ringsum die graue Unermeßlichkeit. / Von ferne nur sieht er die heitre Küste, / und mit der Wogen Brandung dumpf vermengt / tönt ihm die Stimme seiner Lieben zu.
Wen Götter sich zum Eigentum erlesen, / geselle sich zu Erdenbürgern nicht; / der Menschen und der Überird'schen Los, / es mischt sich nimmer in demselben Becher. / Von beiden Welten eine mußt du wählen.
Wenn auch das Publikum nicht der oberste Richter in Kunstsachen ist, so ist es die Jury, die, ohne die Gesetze zu kennen, mit schlichtem Sinn den Fall betrachtet und im allgemeinen sein "Schuldig" oder "Nichtschuldig.. ausspricht.
Wenn das Unglück dem Verbrechen folgt, / folgt öfter das Verbrechen noch dem Unglück!
Wenn die Menschen von Gott reden, so kommen sie mir vor wie Lichtenbergs Kahlenberger Bauern, die, wenn ein Messer fehlt, dafür ein Stück Holz in die Scheide stecken, damit diese nicht leer sei.
Wenn man in neuester Zeit gar so viel Wesens von der Bewahrung der Nationalitäten macht, so sollte man bedenken, daß, was die Nationen voneinander unterscheidet, mehr ihre Fehler als ihre Vorzüge sind.
Wer in der Zeit immer nur das Alte sieht, ist ein Pedant. Wer in ihr nur Neues erblickt, ist ein Dummkopf.
Wer seine Schranken kennt, der ist der Freie, / wer frei sich wähnt, ist seines Wahnes Knecht.
Wer sich ganz dem Dank entzieht, / der erniedrigt den Beschenkten.
Wer Sittlichkeit zum alleinigen Zweck des Menschen macht, kommt mir vor wie einer, der die Bestimmung einer Uhr darin fände, daß sie nicht falsch gehe. Das erste bei der Uhr aber ist, daß sie gehe; das Nichtfalschgehen kommt dann erst als regulative Bestimmung hinzu.
Wie groß sind die Fortschritte der Menschheit, wenn wir auf den Punkt sehen, von dem sie ausging, und wie klein, betrachten wir den Punkt, wo sie hin will.
Wie könnte ich an deiner Liebe zweifeln, da ich der meinigen mir so innig bewußt bin!
Wie rasch wir sind, an andern das zu tadeln, / was selber wir, wenn minder gleich, verübt!
Wie Sturm und Ungewitter bin ich gezogen über deine Fluren; / du aber bist's allein, der stürmen kann, / denn du allein kannst heilen, großer Gott. / Und hab' ich auch das Schlimme nicht gewollt, / wer war ich, Wurm, daß ich mich unterwand, / dem Herrn der Welten frevelnd nachzuspielen, / durchs Böse suchend einen Weg zum Guten!
Wie vieles lehrt ein Tag, und ach, wie wenig / gibt und vergißt ein Jahr.
Will einer erst die Herrschaft Gott verschaffen, / sieht er in sich gar leicht des Herren Werkzeug / und strebt zu herrschen.
Willst die Bescheidenheit du des Bescheidenen prüfen, so forsche nicht, ob er Beifall verschmäht, ob er den Tadel erträgt.
Willst du mit den Kinderhänden / in des Schicksals Speichen greifen? / Seines Donnerwagens Lauf / hält kein sterblich Wesen auf.
Wir sind gegen keine Fehler an anderen intoleranter, als welche die Karikatur unsrer eigenen sind.
Wir sind Kinder unsrer Taten.