Chamfort

125 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Achtet eine Frau sich mehr wegen der Vorzüge ihrer Seele und ihres Geistes als um ihrer Schönheit willen, so steht sie über ihrem Geschlecht; schätzt sie ihre Schönheit höher ein als Geist und Seele, so ist sie ihrem Geschlecht treu; schätzt sie aber Abkunft und Rang höher ein als ihre Schönheit so steht sie außer und unter ihrem Geschlecht.

Achtung ist mehr als Beachtung, Ansehen mehr als Ruf, Ehre mehr als Ruhm.

Allzu spürbare Überlegenheit macht den Einzelnen für die Gesellschaft nicht geeignet. Man geht mit Kleingeld und nicht mit Goldbarren auf den Markt.

Auch der bescheidenste Mensch, der in der Gesellschaft verkehren will, muss sicher in seinem Auftreten und ungezwungen in seinem Benehmen sein, wenn er sich nicht übervorteilen lassen will. Er muss seine Bescheidenheit mit seinem Stolz schmücken.

Auch schlechte Menschen tun mitunter Gutes, als wollten sie ausprobieren, ob es wirklich so viel Vergnügen mache, wie die guten behaupten.

Bedeutende Menschen haben ihre besten Werke fast immer nach Beendigung einer großen Leidenschaft geschrieben. Nach vulkanischen Ausbrüchen ist die Erde am fruchtbarsten.

Bei der Lektüre der Heiligen Schrift habe ich bemerkt, dass immer, wenn der Menschheit Verbrechen oder Gewalttaten vorgeworfen werden sollen, es heißt: die Menschenkinder; wenn es sich um Dummheiten oder Schwächen handelt: die Kinder der Weiber.

Beobachtet oder erlebt man die Qualen, die mit starken Gefühlen in Liebe und Freundschaft verbunden sind, so möchte man glauben, daß Leichtsinn und Frivolität keine so großen Torheiten seien und das Leben gar nicht mehr wert sei, als was die Weltleute daraus machen.

Berühmtheit ist Züchtigung des Verdienstes und Bestrafung des Talents.

Berühmtheit: der Vorzug, von jenen gekannt zu werden, die einen nicht - persönlich - kennen.

Charakterschwäche und geistige Leere, mit einem Wort alles, was uns hindert, mit uns selbst allein zu sein, bewahrt viele Menschen vor dem Menschenhass.

Das beschauliche Leben ist oft elend. Man muß mehr handeln, weniger denken und sich nicht fortwährend studieren.

Das Denken bietet Trost und Heilung für alles. Hat es einem wehgetan, so verlange man von ihm das geeignete Gegenmittel, und man bekommt es.

Das Gefühl, mit dem man seinen Wohltätern gegenübersteht, gleicht der Erkenntlichkeit, die man für den Zahnarzt hat. Man sagt sich, daß er einem wohlgetan hat, indem er von einem Übel erlöste, aber man gedenkt der Schmerzen der Behandlung und liebt ihn kaum mit Zärtlichkeit.

Das Glück gleicht oft den reichen, verschwenderischen Frauen, welche die Häuser ruinieren, denen sie eine große Mitgift zugebracht haben.

Das Leben ist eine Krankheit, von der wir uns alle 16 Stunden durch den Schlaf erholen. Der Schlaf ist das Linderungsmittel, der Tod das Heilmittel.

Das Vergnügen kann sich auf Illusionen stützen, aber das Glück beruht auf der Wahrheit.

Dem Mut gesellt sich eine Art Vergnügen, über dem Schicksal zu stehen.

Der Arme, aber Unabhängige untersteht nur der Notwendigkeit, der Reiche, aber Abhängige einem oder mehreren anderen Menschen.

Der Ehrgeiz befällt kleine Seelen leichter als große, wie Strohhütten leichter Feuer fangen als Paläste.

Der Engländer verehrt das Gesetz und weist die Autorität mit Verachtung zurück. Der Franzose hingegen verehrt die Autorität und verachtet das Gesetz.

Der Erfolg gebiert den Erfolg wie das Geld das Geld.

Der Erfolg vieler Werke erklärt sich aus der Beziehung, die zwischen der Mittelmäßigkeit des Autors und der Mittelmäßigkeit des Publikums besteht.

Der Maler verleiht der Gestalt Seele, der Dichter dem Gefühl und Gedanken Gestalt.

Der Mann ohne Grundsätze ist ebenso gewöhnlich ein Mann ohne Charakter; denn wenn er mit einem Charakter geboren worden wäre, so würde er auch das Bedürfnis gefühlt haben, sich Grundsätze zu schaffen.

Der mütterlichen Liebe hat die Natur die Erhaltung aller Lebewesen anvertraut, und in den Freuden und selbst in den Leiden, die mit diesem köstlichen Gefühl verbunden sind, belohnt sie die Mutter.

Der Philosoph, der seine Leidenschaften abtöten möchte, gleicht einem Chemiker, der sein Feuer auslöschen will.

Der Ruf, die Waffe des Spottes gut zu führen, verschafft auch dem geringsten Mann in der Welt und in der guten Gesellschaft das Ansehen, das beim Militär die guten Fechter genießen.

Der Sinn vieler öffentlicher Einrichtungen ist offenbar der, den Menschen in jener Mittelmäßigkeit zu erhalten, die ihn geneigt macht, sich regieren zu lassen.

Der verlorenste aller Tage ist der, an dem man nicht gelacht hat.

Der wahrhaft Gläubige untersucht keinen Glaubenssatz. Es verhält sich damit wie mit einer bitteren Arzneipille: Wenn man sie kaut, ist man nicht mehr imstande, sie hinunterzuschlucken.

Die Armen sind die Neger Europas.

Die Drohung mit dem vernachlässigten Schnupfen ist für die Ärzte, was das Fegefeuer für die Priester ist: eine Goldquelle.

Die Dummheit wäre nicht Dummheit, wenn sie den Geist nicht fürchtete.

Die Einbildungskraft, die Illusionen hervorbringt, ist wie ein Rosenstrauch, der in jeder Jahreszeit Rosen blühen läßt.

Die Heilige Schrift sagt zwar, daß der Anfang der Weisheit die Furcht vor Gott war, aber ich glaube, daß es die Furcht vor den Menschen ist.

Die Hoffnung ist ein Scharlatan, der uns ohne Unterlaß betrügt, und, was mich betrifft, so hat mein Glück erst begonnen, nach ich sie verloren habe.

Die Hofleute und alle, die von den Mißbräuchen leben, unter denen Frankreich darniederlag, werden nicht müde zu versichern, man hätte jene Mißbräuche abstellen können, ohne zu zerstören, as zerstört wurde. Sie hätten wohl den Augiasstall mit einem Federwisch reinigen wollen?

Die Krankheiten heben unsere Tugenden und Laster auf.

Die Leute, die sich für einen Fürsten begeistern, weil sie einmal gut behandelt worden sind, kommen mir vor wie Kinder, die nach einer Prozession Pfarrer und nach einer Truppenparade Soldat werden wollen.

Die Liebe gefällt mir mehr als die Ehe, weil ja auch ein Roman unterhaltender ist als Geschichte.

Die Mehrzahl der Adeligen erinnert an ihre Vorfahren, wie ein italienscher Cicerone an Cicero erinnert.

Die meisten Bücher von heute sehen so aus, als wenn sie an einem Tage verfaßt worden wären, und zwar aus den Büchern, die am Tage zuvor gelesen worden sind.

Die meisten Freundschaften sind bloße Beziehungen, die dank stillschweigender Übereinkunft weiterbestehen.

Die meisten Leser stecken ihre Bücher in ihre Bibliothek, aber Herr von ... steckt seine Bibliothek in seine Bücher.

Die Natur hat Illusionen den Weisen wie den Narren mitgegeben, damit die Weisen nicht zu unglücklich würden durch ihre Weisheit.

Die Naturforscher sagen, daß bei allen Tierarten die Degeneration bei den Weibchen beginne. Die Philosophen können die Moral aus dieser Beobachtung für die zivilisierte Gesellschaft verwenden.

Die neuen Freunde, die wir uns nach einem gewissen Alter erwerben und welche uns jene ersetzen sollen, die wir verloren haben, gleichen diesen, wie Glasaugen, künstliche Zähne und Holzbeine den natürlichen Augen und Zähnen und Beinen von Fleisch und Blut gleichen.

Die Unredlichen und die Dummen kommen in der Welt immer besser fort als die Ehrlichen und Klugen. Es fällt ihnen leichter, mit der von Unredlichkeit und Dummheit beherrschten Gesellschaft Schritt zu halten.

Die Überzeugung ist das Gewissen des Geistes.

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