Jean Paul

276 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Ich ärgerte mich über den Menschenlärm unter mir und konnte nicht eher schlafen, als bis ich wußte, es waren Pferde.

Im Leben ist's wie am Himmel: Eben dadurch, daß Sternbilder auf der einen Seite untersinken, müssen neue auf der anderen herauf.

Im längsten Frieden spricht der Mensch nicht soviel Unsinn und Unwahrheit wie im kürzesten Kriege.

In der Jugend kann man gegen niemand gleichgültig sein: Haß oder Liebe.

In der Kinderwelt steht die ganze Nachwelt vor uns, in die wir wie Moses ins gelobte Land nur schauen, nicht kommen.

In der Liebe wird der Ernst der Jungfrau bezaubern; in der Ehe, die selber ein langer Ernst ist, möchte leichtes Scherzen und Bescherzen der Welt besser einschlagen.

In Frauen wird man oft aus Langeweile verliebt - man weiß nichts mit ihnen weiter anzufangen.

In nichts offenbart sich die herzlose Maschinenhaftigkeit der Neuern mehr als in der Dürre ihrer Feste.

In phantasiereichen Menschen liegen, wie in heißen Ländern oder auf Bergen, alle Extreme enger aneinander.

In starken Menschen werden große Schmerzen und Freuden zu überschauenden Anhöhen des ganzen Lebensweges.

In wessen Herz die Kunst sich niederließ, / der ist vom Sturm der rauhen Welt geschieden, / dem öffnet sich, durchwallt von süßem Frieden, / im ewigen Lenz ein stilles Paradies.

Je jünger, einfacher und frommer die Völker, desto mehr Tierliebe.

Je mehr Schwäche, je mehr Lüge. Die Kraft geht gerade.

Je verdorbener ein Zeitalter, desto mehr Verachtung der Weiber.

Je älter man wird, desto toleranter wird man gegen das Herz und desto intoleranter gegen den Kopf.

Jede hohe Klage und Träne über irgendeine Zeit sagt, wie eine Quelle auf einem Berge, einen höhern Berg oder Gipfel an.

Jede Verleumdung, wenn man sie auch verwirft, läßt eine geringere Meinung von Verleumdeten auf kurze Zeit zurück.

Jedem Jahrhundert sendet der Unendliche einen bösen Genius zu, der es versuche.

Jeder hat für seine Besonnenheit seine besonderen Gegenstände: Der eine schweigt hierüber, der andere darüber.

Jedes Ich zerteilt sich nämlich in einen Lehrer und in dessen Schüler oder zerspällt sich in den Lehrstuhl und in die Schulbank.

Keine Frau kann zu gleicher Zeit ihr Kind und die vier Weltteile lieben. Aber der Mann kann es.

Kinder haben mit schwachen Menschen das Unvermögen, aufzuhören, gemein.

Kinder und Uhren dürfen nicht beständig aufgezogen werden. Man muß sie auch gehen lassen.

Kindergebete sind leer und kalt und eigentlich nur Überreste des jüdischchristlichen Opferglaubens, der durch Unschuldige statt durch Unschuld versöhnen und gewinnen will.

Kleider sind die Waffen, womit die Schönen streiten und die sie, gleich den Soldaten, nur dann von sich werfen, wenn sie überwunden sind.

Kleine Seelen fühlen in ihrem Unglück nur ihren Zustand, große noch Zusammenhang, ihr Ich.

Körperliche Abhärtung ist, da der Körper der Ankerplatz des Mutes ist, schon geistig nötig.

Leichter gönnen sogar gute Menschen dem andern jedes Glück, sogar das unverdiente, aber nie das unverdiente Lob.

Leiden sollen läutern, sonst hat man gar nichts von ihnen.

Liebe und Kraft oder innere Harmonie und Tapferkeit sind Pole der Erziehung. So erlernte Achilles vom Zentaur zugleich das Lyraspielen und das Bogenschießen.

Mache dich nur ruhig, dann hast du wenig Mühe, dich auch tugendhaft zu machen.

Man gibt seine Kinder auf die Schule, daß sie still werden, auf die Hochschule, daß sie laut werden.

Man hat in mehr als einem Lande erlebt, dass schnelle, d.h. unvorbereitete Aufklärung ohne Dauer und Reife guter Früchte vorüberzog, und dass der einem zu starken Sonnenlichte ausgesetzte Leuchtstein sich zerbröckelte und nicht lange nachschimmerte im Dunkeln.

Man hoffe nie, mit einer Frau sich zu vertragen. mit der man sich als Braut gezankt hat.

Man kann jemanden bis zum Verstummen widerlegen, ohne ihn doch zu überzeugen. Das Gefühl überlebt die Einsicht wie der Schmerz die Trostgründe.

Man lebt oft wie die eilf Apostel und stirbt wie der Zwölfte.

Man lernt Verschwiegenheit am meisten unter Menschen, die keine haben, und Plauderhaftigkeit unter Verschwiegenen.

Man nützt und versteht nur solche Lebensregeln, von denen man die Erfahrungen, worauf sie ruhen, so durchgemacht, daß man die Regeln hätte selber geben können.

Man soll in den ersten sechs Jahren keinem Kinde befehlen, etwas zu verschweigen, und wäre es eine Freude, die man einem geliebten Wesen heimlich zubereitet. Den offenen Himmel der kindlichen Offenherzigkeit darf nichts verschließen, nicht einmal die Morgenröte der Scham. An euren Geheimnissen werden sie sonst bald eigne verstecken lernen. Die Heldentugend der Verschwiegenheit fordert zu ihrer Übungszeit die Kraft der angreifenden Vernunft. Nur die Vernunft lehrt schweigen; das Herz lehrt reden.

Man sollte überhaupt die meisten totschiessen in der schönen Jugend, ausgenommen die wenigen Männer, die genial wären und die wenigen Frauen, die sanft wären.

Man steigt den grünen Berg des Lebens hinauf, um oben auf dem Eisberge zu sterben.

Man würde die Menschen leichter kennen, wenn man nicht jede Handlung als die Folge von Grundsätzen ansähe.

Manche Irrtümer erscheinen wie der Mond aus der Ferne in milder Gestalt und Dämmerung, tritt man aber nahe vor sie, so zeigen sie wie der Mond vor dem Sternseher ihre Abgründe und Feuerberge.

Manche können nur fremde Meinungen, nicht ihre eigenen berichtigen.

Manche Seelen entfallen dem Himmel wie Blüten; aber mit den weißen Knospen werden sie in den Erdenschmutz getreten und liegen oft besudelt und zerdrückt in den Fußstapfen eines Hufs.

Mangel an Verschwiegenheit entsteht / meistens aus Mangel an Redestoff.

Mit bloßen Reizen, leiblichen oder geistigen, in der Ehe zu fesseln hoffen, ohne das Herz und ohne die Vernunft, welche allein anknüpfen und festhalten, heißt eine Blumenkette oder einen Blumenkranz aus bloßen Blumen ohne ihre Stengel machen zu wollen.

Mit einer Kindheit voll Liebe aber kann man ein halbes Leben hindurch für die kalte Welt haushalten.

Musik ist die Poesie der Luft.

Mut besteht nicht darin, dass man die Gefahr blind übersieht, sondern darin, dass man sie sehend überwindet.

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