Arthur Schopenhauer

387 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Die Ehre ist objektiv, die Meinung anderer von unserem Wert und, subjektiv, unsere Furcht vor dieser Meinung.

Die eigentlich großen Geister horsten, wie die Adler, in der Höhe allein.

Die ersten vierzig Jahre unseres Lebens liefern den Text, die folgenden dreißig den Kommentar dazu, der uns den wahren Sinn und Zusammenhang des Textes nebst der Moral und allen Feinheiten desselben erst recht verstehen lehrt.

Die Ferne, welche dem Auge die Gegenstände verkleinert, vergrößert sie den Gedanken.

Die Frage nach der Willensfreiheit ist wirklich ein Probierstein, an welchem man die tief denkenden Geister von den oberflächlichen unterscheiden kann, oder ein Grenzstein, wo beide / auseinandergehen, indem die ersteren sämtlich das notwendige Erfolgen der Handlung, bei gegebenem Charakter und Motiv, behaupten, die letzteren hingegen, mit dem großen Haufen, der Willensfreiheit anhängen.

Die Frauen geben wenig auf ein schönes Gesicht; was sie verführt, ist Kraft und Mut. Intellektuelle Eigenschaften üben keinen unmittelbaren Einfluß auf sie. Dummheit ist durchaus kein Hindernis in der Erlangung der Weibergunst.

Die Freunde nennen sich aufrichtig. Die Feinde sind es - daher man ihren Tadel zur Selbsterkenntnis benutzen sollte, als eine bittere Arznei.

Die Gegenwart eines Gedankens ist wie die Gegenwart einer Geliebten.

Die Gelehrten sind die, welche in den Büchern gelesen haben. Die Denker, die Genies, die Welterleuchter und Förderer des Menschengeschlechtes sind aber die, welche unmittelbar in dem Buch der Welt gelesen haben.

Die Gemeinheit ist ein Leim, der die Menschen zusammenkleistert. Wem es daran gebricht, der fällt ab.

Die Genüsse sind und bleiben negativ. Daß sie beglücken, ist ein Wahn, den der Neid zu seiner eigenen Strafe hegt. Die Schmerzen hingegen werden positiv empfunden. Daher ist ihre Abwesenheit der Maßstab des Lebensglückes. Kommt zu einem schmerzlosen Zustand noch die Abwesenheit der Langeweile, so ist das irdische Glück im wesentlichen erreicht.

Die Gerechtigkeit gleicht jenen chemischen Stoffen, die man nie völlig rein, sondern nur unter Beimischung eines anderen Stoffes darstellen kann.

Die gesamte, sehr starke Wirkung des Beispiels beruht darauf, daß der Mensch in der Regel zu wenig Urteilskraft, oft auch zu wenig Kenntnis hat, um seinen Weg selbst zu explorieren: Daher er gern in die Fußstapfen anderer tritt.

Die größte aller Torheiten ist, seine Gesundheit aufzuopfern, für was es auch sei, für Erwerb, für Beförderung, für Gelehrsamkeit, für Ruhm, geschweige für Wollust und flüchtige Genüsse: Vielmehr soll man ihr alles nachsetzen.

Die Güter, auf welche Anspruch zu machen einem Menschen nie in den Sinn gekommen ist, entbehrt er durchaus nicht, sondern ist, auch ohne sie, völlig zufrieden; während ein anderer, der hundertmal mehr besitzt als er, sich unglücklich fühlt, weil ihm eines abgeht, darauf er Anspruch macht.

Die Heiterkeit allein ist gleichsam die bare Münze des Glückes und nicht, wie alles andere, bloß der Bankzettel.

Die Heiterkeit und der Lebensmut unserer Jugend beruht zum Teil darauf, daß wir, bergauf gehend, den Tod nicht sehen, weil er am Fuß der anderen Seite des Berges liegt.

Die höchste intellektuelle Eminenz kann zusammenbestehen mit der ärgsten moralischen Verworfenheit.

Die höchsten, die mannigfaltigsten und die anhaltendsten Genüsse sind die geistigen, wie sehr auch wir, in der Jugend, uns darüber täuschen mögen.

Die kleinen Unfälle, die uns stündlich vexieren, kann man betrachten als bestimmt, uns in Übung zu erhalten, damit die Kraft, die großen zu ertragen, im Glück nicht ganz erschlaffe.

Die Liebe zur Einsamkeit kann nicht als ursprünglicher Hang da sein, sondern erst infolge der Erfahrung und des Nachdenkens entstehen.

Die Menschen sind tausendmal mehr bemüht, sich Reichtum als Geistesbildung zu erwerben, während doch ganz gewiß, was man ist, viel mehr zu unserem Glücke beiträgt, als was man hat.

Die Natur hat den Frauen nur ein Mittel gegeben, sich zu verteidigen und zu schützen: Die Verstellung. Diese ist ihnen angeboren und ihre Verwendung so natürlich wie für das Tier die Anwendung seiner Waffen; ja, sie fühlt sich hierbei bis zu einem gewissen Grade im Recht.

Die Pein des unerfüllten Wunsches ist klein gegen die der Reue; denn jene steht vor der stets offenen unabsehbaren Zukunft, diese vor der unwiderruflich abgeschlossenen Vergangenheit.

Die Preßfreiheit sollte durch das strengste Verbot aller und jeder Anonymität bedingt sein.

Die Religion ist eine Krücke für schlechte Staatsverfassungen.

Die Religionen sind wie die Leuchtwürmer: Sie bedürfen der Dunkelheit, um zu leuchten.

Die schlechten Züge, die boshaften und hinterlistigen Streiche seiner Jugend wird ein kluger Mann nicht zum besten geben; denn er fühlt, daß sie auch von seinem gegenwärtigen Charakter noch Zeugnis ablegen.

Die Toleranz, welche man oft an großen Männern bemerkt und preiset, ist wohl immer das Bild der größten Menschenverachtung: Denn erst wenn ein großer Geist von dieser ganz durchdrungen ist, hört er auf, die Menschen für seinesgleichen zu halten und diesem entsprechende Forderungen an sie zu machen.

Die Wahrheit ist keine Dirne, die sich denen an den Hals wirft, welche ihrer nicht begehren: Vielmehr ist sie eine so spröde Schöne, daß selbst wer ihr alles opfert, noch nicht ihrer Gunst gewiß sein darf.

Die Welt ist meine Vorstellung.

Die Werke der Alten sind der Nordstern für jedes künstlerische oder literarische Streben. Geht der euch unter, so seid ihr verloren!

Die Wilden fressen einander, und die Zahmen betrügen einander.

Die wohlfeilste Art des Stolzes ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt.

Die Zeitungen sind der Sekundenzeiger der Geschichte. Derselbe aber ist meistens nicht nur von unedlerem Metalle als die beiden anderen, sondern geht auch selten richtig.

Die, welche mittels Streben und Hoffen nur in der Zukunft leben, immer vorwärtssehen und mit Ungeduld den kommenden Dingen entgegeneilen, als welche allererst das wahre Glück bringen sollen, inzwischen aber die Gegenwart unbeachtet und ungenossen vorbeiziehen lassen, sind trotz ihrer altklugen Mienen jenen Eseln in Italien zu vergleichen, daß an einem ihrem Kopf angehefteten Stock ein Bündel Heu hängt, welches sie daher stets dicht vor sich sehn und zu erreichen hoffen.

Dieser elendeste romanische Jargon, diese schlechte Verstümmelung lateinischer Wörter, diese Sprache, welche auf ihre ältere und viel edlere Schwester, die italienische, mit Ehrfurcht hinaussehen sollte, diese Sprache, welche den ekelhaften Nasal en, on, un, zum schluckaufartigen so unaussprechlich widerwärtigen Accent auf der letzten Silbe, während alle anderen Sprachen die sanft und beruhigend wirkende lange Penultima haben, diese Sprache, in der es kein Metrum gibt, sondern der Reim allein ...

Dunkelheit und Undeutlichkeit des Ausdrucks ist allemal und überall ein sehr schlimmes Zeichen. Denn in 99 Fällen unter 100 rührt sie her von der Undeutlichkeit des Gedankens.

Durch nichts entziehen wir uns so sehr dem Zwange von außen wie durch Selbstzwang.

Echte Moral und Moralität ist von keiner Religion abhängig, wiewohl jede sie sanktioniert und ihr dadurch eine Stütze gewährt.

Ehen aus Liebe werden im Interesse der Gattung, nicht der Individuen geschlossen. Zwar wähnen die Beteiligten, ihr eigenes Glück zu fördern, allein ihr wirklicher Zweck ist ein ihnen selbst fremder, indem er in der Hervorbringung eines nur durch sie möglichen Individuums liegt. Durch diesen Zweck zusammengeführt, sollen sie fortan suchen, so gut als möglich miteinander auszukommen. Aber sehr oft wird das durch jenen instinktiven Wahn, welcher das Wesen der leidenschaftlichen Liebe ist, zusammengebrachte Paar im übrigen das von heterogenster Beschaffenheit sein. Dies kommt an den Tag, wann der Wahn, wie er notwendig muß, verschwindet. Demgegenüber fallen die aus Liebe geschlossenen Ehen in der Regel unglücklich aus; denn durch sie wird für die kommende Generation auf Kosten der gegenwärtigen gesorgt.

Ein eigentümlicher Fehler der Deutschen ist, daß sie, was vor ihren Füßen liegt, in den Wolken suchen.

Ein ganz besonderer und dabei paradoxer Nachteil der Republiken ist noch dieser, daß es in ihnen den überlegenen Köpfen schwerer werden muß, zu hohen Stellen und dadurch zu unmittelbarem politischen Einfluß zu gelangen, als in Monarchien.

Ein Genie ist ein Mensch, in dessen Kopfe die Welt als Vorstellung einen Grad mehr Helligkeit erlangt hat.

Ein Hauptnutzen des Studiums der Alten ist, daß es uns vor der Weitschweifigkeit bewahrt, indem die Alten stets bemüht sind, konzis und prägnant zu schreiben.

Ein Hauptstudium der Jugend sollte sein, die Einsamkeit ertragen zu lernen, weil sie eine Quelle des Glückes und der Gemütsruhe ist.

Ein Hauptstudium der Jugend sollte sein, die Einsamkeit ertragen zu lernen: Weil sie eine Quelle des Glücks und der Gemütsruhe ist.

Ein Weiser ist man nur unter der Bedingung, in einer Welt voller Narren zu leben.

Ein wichtiger Punkt der Lebensweisheit besteht in dem richtigen Verhältnis, in welchem wir unsere Aufmerksamkeit teil der Gegenwart, teil der Zukunft widmen, damit nicht die eine uns die andere verderbe. Viele leben zu sehr in der Gegenwart: Die Leichtsinnigen; andere zu sehr in der Zukunft: Die Ängstlichen und Besorglichen.

Eine Allegorie ist ein Kunstwerk, welches etwas Anderes bedeutet, als es darstellt.

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