Arthur Schopenhauer

387 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

"Er ist sehr ungesellig" besagt beinahe schon: "Er ist ein Mann von großen Eigenschaften".

Aber die Sprache um ein Wort ärmer machen heißt das Denken der Nation um einen Begriff ärmer machen.

All unser Übel kommt daher, daß wir nicht allein sein können.

Alle Beschränkung beglückt.

Alle Verliebtheit, wie ätherisch sie sich auch gebärden mag, wurzelt allein im Geschlechtstriebe, ja ist durchaus nur ein näher bestimmter, spezialisierter, wohl gar im strengsten Sinne individualisierter Geschlechtstrieb.

Aller Eigensinn beruht darauf, daß der Wille sich an die Stelle der Erkenntnis gedrängt hat.

Alles Behaartsein ist tierisch. Die Rasur ist das Abzeichen höherer Zivilisation.

Als die einfachste und richtigste Definition der Poesie möchte ich diese aufstellen, daß sie die Kunst ist, durch Worte die Einbildungskraft ins Spiel zu setzen.

Als die Natur das Menschengeschlecht in zwei Hälften spaltete, hat sie den Schnitt nicht gerade durch die Mitte geführt.

Als Zweck unseres Daseins ist in der Tat nichts anderes anzugeben als die Erkenntnis, daß wir besser nicht da wären.

An einem jungen Menschen ist es in intellektueller und auch in moralischer Hinsicht ein schlechtes Zeichen, wenn er im Tun und Treiben der Menschen sich recht früh zurechtzufinden weiß, sogleich darin zu Hause ist und wie vorbereitet in dasselbe eintritt: Es kündet Gemeinheit an. Hingegen deutet in solcher Beziehung ein befremdetes, stutziges, ungeschicktes und verkehrtes Benehmen auf eine Natur edlerer Art.

Armut im Alter ist ein großes Unglück. Ist diese gebannt und die Gesundheit geblieben, so kann das Alter ein sehr erträglicher Teil des Lebens sein.

Armut und Sklaverei sind also nur zwei Formen, fast möchte man sagen zwei Namen, derselben Sache, deren Wesen darin besteht, dass die Kräfte eines Menschen großenteils nicht für ihn selbst, sondern für andere verwendet werden.

Auch das Zufälligste ist nur ein auf entfernterem Wege herangekommenes Notwendiges.

Auch wird man einsehen, daß Dummköpfen und Narren gegenüber es nur einen Weg gibt, seinen Verstand an den Tag zu legen, und der ist, daß man mit ihnen nicht redet.

Auf der Bühne spielt einer den Fürsten, ein anderer den Rat, ein dritter den Diener oder den Soldaten oder den General usw. Aber diese Unterschiede sind bloß im Äußeren vorhanden. Im Inneren, als Kern einer solchen Erscheinung, steck bei allen dasselbe: Ein armer Komödiant mit seiner Plage und Not. Im Leben ist es auch so. Die Unterschiede des Ranges und Reichtums geben jedem seine Rolle zu spielen; aber keineswegs entspricht dieser eine innere Verschiedenheit des Glücks und Behagens, sondern auch hier steckt in jedem derselbe arme Tropf mit seiner Not und Plage.

Bei einem umgestoßenen System wie bei einer geschlagenen Armee ist der Klügste, wer zuerst davonläuft.

Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.

Bei jeder menschlichen Unternehmung ist nämlich etwas, das nicht in unserer Macht steht und nicht in unsere Berechnung fällt. Der Wunsch, dieses für sich zu gewinnen, ist der Ursprung der Götter.

Bei reifer Erfahrung sehen wir die Unbiegsamkeit der menschlichen Charaktere ein, wie kein Flehen, noch Vorstellen, noch Beispielgeben, noch Wohltun sie dahin bringt, von ihrer Art zu lassen, sondern vielmehr ein jeder seine Handlungsweise, Denkungsart und Fähigkeit mit der Notwendigkeit eines Naturgesetzes durchführen muß.

Bescheidenheit bei mittelmäßigen Fähigkeiten ist bloße Ehrlichkeit. Bei großen Talenten ist sie Heuchelei.

Besonders überwiegt die Gesundheit alle äußeren Güter so sehr, daß wahrlich ein gesunder Bettler glücklicher ist als ein Kranker König.

Bisweilen auch drückt eine fremde Sprache einen Begriff mit einer Nuance aus, welche unsere eigene ihm nicht gibt und mit der wir ihn gerade jetzt denken. Dann wird jeder, dem es um einen genauen Ausdruck seiner Gedanken zu tun ist, das Fremdwort gebrauchen, ohne sich an das Gebelle pedantischer Puristen zu kehren.

Borniert und lächerlich ist es, nicht darauf sehn zu wollen, wessen Sohn einer ist.

Da unser größtes Vergnügen darin besteht, bewundert zu werden, die Bewunderer aber, selbst wo alle Ursache wäre, sich ungern dazu herbeizulassen, so ist der Glücklichste der, welcher, gleichviel wie, es dahin gebracht hat, sich selbst aufrichtig zu bewundern. Nur müssen die andern ihn nicht irre machen.

Da unstreitig der Ruhm nur das Sekundäre ist, das bloße Echo, Abbild, Schatten, Symptom des Verdienstes, und da jedenfalls das Bewunderte mehr Wert haben muß als die Bewunderung, so kann das eigentlich Beglückende nicht im Ruhme liegen, sondern in dem, wodurch man ihn erlangt, also im Verdienste selbst.

Das Affektieren irgendeiner Eigenschaft, das Sich-Brüsten damit, ist ein Selbstgeständnis, daß man sie nicht hat.

Das charakteristische Merkmal der Geister ersten Ranges ist die Unmittelbarkeit aller ihrer Urteile. Alles, was sie vorbringen, ist Resultat ihres selbsteigenen Denkens und kündigt sich, schon durch den Vortrag, überall als solches an.

Das Festhalten und Befolgen der Grundsätze, den ihnen entgegenwirkenden Motiven zum Trotz, ist Selbstbeherrschung.

Das ganze Wesen der Welt abstrakt, allgemein und deutlich in Begriffen zu wiederholen und so als reflektiertes Abbild in bleibenden und stets bereitliegenden Begriffen der Vernunft niederzulegen: Dieses und nichts anderes ist Philosophie.

Das Gesetz also und die Vollziehung desselben, die Strafe, sind wesentlich auf die Zukunft gerichtet, nicht auf die Vergangenheit. Dies unterscheidet Strafe von Rache, welche letztere lediglich durch das Geschehene, also das Vergangene als solches, motiviert ist. Alle Vergeltung des Unrechts durch Zufügung eines Schmerzes ohne Zweck für die Zukunft ist Rache und kann keinen anderen Zweck haben, als durch den Anblick des fremden Leidens, welches man selbst verursacht hat, sich über das selbst erlittene zu trösten. Solches ist Bosheit und Grausamkeit und ethisch nicht zu rechtfertigen.

Das Glück gehört denen, die sich selber genügen; denn alle äußeren Quellen des Glückes und Genusses sind, ihrer Natur nach, höchst unsicher, mißlich, vergänglich und dem Zufall unterworfen.

Das Lachen entsteht jedes Mal aus nichts Anderem, als aus der plötzlich wahrgenommenen Inkongruenz zwischem einem Begriff und den realen Objekten, die durch ihn, in irgend einer Beziehung, gedacht worden waren, und es ist selbst eben nur Ausdruck dieser Inkongruenz.

Das Leben ist ein Pensum zum Abarbeiten.

Das Leben ist eine mißliche Sache. Ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen, über dasselbe nachzudenken.

Das Leidende und Geschwächte ist keiner Abhärtung fähig.

Das macht die gewöhnlichen Leute so gesellig und akkomodant: Es wird ihnen nämlich leichter, andere zu ertragen als sich selbst.

Das niedrig gewachsene, schmalschultrige, breithüftige und kurzbeinige Geschlecht das shöne nennen konnte nur der vom Geschlechtstrieb umnebelte männliche Intellekt.

Das Schicksal mischt die Karten, und wir spielen.

Das Talent gleicht dem Schützen, der ein Ziel trifft, welches die übrigen nicht erreichen können; das Genie dem, der eins trifft, bis zu welchem sie nicht einmal zu sehen vermögen.

Das unaussprechlich Innige aller Musik, vermöge dessen sie als ein so ganz vertrautes und doch ewig fernes Paradies an uns vorüberzieht, so ganz verständlich und doch so unerklärlich ist, beruht darauf, daß sie alle Regungen unseres innersten Wesens wiedergibt, aber ganz ohne die Wirklichkeit und fern von ihrer Qual.

Das Wesen der Poesie wie aller Kunst besteht im Auffassen der Platonischen Idee, d. h. des Wesentlichen und daher der ganzen Art Gemeinsamen, in jedem einzelnen, wodurch jedes Ding als Repräsentant seiner Gattung auftritt und ein Fall für tausende gilt.

Das Zeichen, woran man am unmittelbarsten den echten Dichter sowohl höherer als niederer Gattung erkennt, ist die Ungezwungenheit seiner Reime. Sie haben sich wie durch göttliche Schickung von selbst eingefunden. Seine Gedanken kommen ihm schon in Reimen. Der heimliche Prosaiker hingegeben sucht zum Gedanken den Reim, der Pfuscher zum Reim den Gedanken.

Das, was man sonst den schönsten Teil, die reinsten Freuden des Lebens nennen möchte, eben auch nur, weil es uns aus dem realen Dasein heraushebt, und uns in anteilslose Zuschauer desselben verwandelt, also das reine Erkennen, dem alles Wollen fremd bleibt, der Genuß des Schönen, die echte Freude an der Kunst, dies ist, weil es schon seltene Anlagen erfordert, nur höchst wenigen und auch diesen nur als ein vorübergehender Traum vergönnt.

Dass das menschliche Dasein eine Art Verirrung sein müsse, geht zur Genüge aus der einfachen Bemerkung hervor, dass der Mensch ein Konkrement von Bedürfnissen ist, deren schwer zu erlangende Befriedigung ihm doch nichts gewährt als einen schmerzlosen Zustand, in welchem er nur noch der Langeweile preisgegeben ist.

Daß das Weib seiner Natur nach zum Gehorchen bestimmt sei, gibt sich daran zu erkennen, daß eine jede, welche in die ihr naturwidrige Lage gänzlicher Unabhängigkeit versetzt wird, alsbald sich irgendeinem Mann anschließt, von dem sie sich lenken und beherrschen läßt, weil sie eines Herrn bedarf. Ist sie jung, so ist es ein Liebhaber, ist sie alt, ein Beichtvater.

Daß ein Unglücksfall uns weniger schwer zu tragen fällt, wenn wir zum voraus ihn als möglich betrachtet und, wie man sagt, uns darauf gefaßt gemacht haben, mag hauptsächlich daher kommen, daß, wenn wir den Fall, ehe er eingetreten, als eine bloße Möglichkeit mit Ruhe überdenken, wir die Ausdehnung des Unglücks deutlich und nach allen Seiten übersehen und so es wenigstens als ein endliches und überschaubares erkennen.

Daß einer ein großer Geist sein könne, ohne etwas davon zu merken, ist eine Absurdität, welche nur trostlose Unfähigkeit sich einreden kann, damit sie das Gefühl der eigenen Nichtigkeit auch für Bescheidenheit halten könnte.

Daß Leute edlerer Art und höherer Begabung so oft, zumal in der Jugend , auffallenden Mangel an Menschenkenntnis und Weltklugheit verraten, daher leicht betrogen werden oder sonst irregeführt werden, während die niedrigen Naturen sich viel schneller und besser in die Welt zu finden wissen, liegt daran, daß man beim Mangel der Erfahrung a priori zu urteilen hat und daß überhaupt keine Erfahrung es dem a priori gleichtut. Dies a priori nämlich gibt denen vom gewöhnlichen Schlage das eigene Selbst an die Hand, den Edeln und Vorzüglichen aber nicht; denn eben als solche sind sie von den andern weit verschieden. Indem sie daher deren Denken und Tun nach dem ihrigen berechnen, trifft die Rechnung nicht zu.

Daß uns der Anblick der Tiere so ergötzt, beruht hauptsächlich darauf, daß es uns freut, unser eigenes Wesen so vereinfacht vor uns zu sehn.

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