Lucius Annaeus Seneca

207 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Die Dekadenz der Freiheit kündigt sich damit an, daß sie so lüstern wird, sich auch ihren Feinden hinzugeben.

Die Gesinnung macht den Menschen edel; sie gestattet uns, aus jeder Lage über das Schicksal hinauszuwachsen.

Die größte Herrschaft ist die Selbstbeherrschung.

Die Götter wenden den guten Menschen gegenüber dasselbe Prinzip an wie die Lehrer bei ihren Schülern. Sie verlangen höhere Leistungen von denen, auf die sie größere Hoffnungen setzen.

Die Menge ist für's Lernen lästig, nicht fördernd. Viel nützlicher ist es, mit wenigen Schriftstellern sich recht beschäftigen, als viele durchzublättern.

Die Menschen glauben den Augen mehr, als den Ohren. Lehren sind ein langweiliger Weg, Vorbilder ein kurzer, der schnell zum Ziel führt.

Die Natur hat uns einen wißbegierigen Geist gegeben und hat uns im Bewußtsein ihrer edlen Bildung und Schönheit zu Zuschauern dieses herrlichen Schauspiels bestimmt. Sie würde sich nämlich um die Wirkung ihres Seins bringen, wenn sie alle diese großen, wundervollen, feinen, glänzenden und nicht nur auf eine Art schönen Erscheinungen lediglich dem öden Weltenraum darböte.

Die natürlichen Bedürfnisse haben ihre Grenzen, die aus einem Wahn entstandenen finden kein Ende.

Die richtige Seelenhaltung ist allen zugänglich, alle sind wir im Hinblick auf diesen Maßstab adlig.

Die Seele macht adlig, die sich aus jeder beliebigen Situation über das Schicksal zu erheben vermag.

Die Tapferkeit schwindet, wenn sie keinen Gegner hat.

Die Tugend ist sich selbst ihr Lohn.

Die wahre Freude ist eine ernste Sache.

Die, welche sie liebt, härtet die Gottheit ab, prüft und übt sie.

Du fragst, was wohl die weiteste Strecke sei, die einer im Leben zurücklegen kann? Bis zur Weisheit hinaufleben!

Du wirst aufhören zu fürchten, wenn du aufhörst zu hoffen.

Du wirst kaum jemand finden, der bei offener Türe leben könnte.

Du wirst selber zugeben, daß das Lesen vieler Schriftsteller und der verschiedenartigsten Bücher vage und unstet macht.

Edle Seelen nährt Anstrengung.

Eher muß man darauf achten, mit wem man ißt und trinkt, als was man ißt und trinkt.

Ein einziges Beispiel von Genusssucht oder Habsucht richtet viel Unheil an: Ein verwöhnter Tischgenosse macht allmählich schlaff und weichlich, ein reicher Nachbar regt zur Begehrlichkeit an, ein bösartiger Begleiter überträgt auf einen noch so reinen und schlichten Menschen seine Verderbtheit.

Ein Gesetz muß kurz sein, damit es von Unkundigen desto leichter behalten werde.

Ein großer Mann ist, wer ein Tongeschirr so benutzt, als wäre es Silber. Nicht weniger groß ist aber auch, wer Silber so benutzt, als sei es ein Tongeschirr.

Ein großer Teil des inneren Fortschrittes liegt schon im Willen zum Fortschritt.

Ein Verbrechen muss durch ein Verbrechen vertuscht werden.

Ein wirksames Heilmittel gegen Angst ist Milde.

Eine Gesellschaft von wilden Tieren machen sie aus, nur daß diese unter sich friedlich sind und denen ihrer Gattung nichts zuleide tun, sie aber dadurch sich sättigen, daß einer den andern zerreißt.

Einen Nackten lässt der Straßenräuber vorbei, auch auf einer belauerten Straße hat der Arme Frieden.

Entweder ist es ein Mächtigerer, der dich beleidigt hat, oder ein Schwächerer. Ist er schwächer, so schone ihn, ist er mächtiger, so schone dich!

Erfährst Du, daß jemand schlecht über Dich gesprochen hat, so überlege, ob Du es nicht zuerst selbst getan hast und über wieviele Du selbst sprichst!

Es gibt ein altes Sprichwort: Ein Ermüdeter sucht Streit. Dasselbe gilt vom Hungrigen und Durstigen und überhaupt von jedem Menschen, den etwas quält. Denn wie Geschwüre bei leichter Berührung, ja schon bei dem Gedanken, sie könnten berührt werden, schmerzen, so wird ein leidendes Gemüt bei geringster Ursache gekränkt, so daß ein Gruß, ein Brief, eine Rede oder eine Frage zum Streit führen kann.

Es gibt keinen zuverlässigeren Beweis von Geistesgröße, als wenn man sich durch nichts, was begegnen kann, in Aufruhr bringen läßt.

Es gibt nämlich auch bei Beifall guten Geschmack.

Es gibt wohl manches, das man annehmen muss, ohne zu Dank verpflichtet zu sein.

Es hat mich einer nicht freundlich gegrüßt, ein anderer nicht herzlich geküßt, ein anderer ein angeknüpftes Gespräch plötzlich abgebrochen, ein anderer mich nicht zur Tafel geladen, ein anderer eine unfreundliche Miene gegen mich gemacht. Daraus macht der Argwohn sogleich Folgerungen. Darum ist Unbefangenheit not und wohlwollende Beurteilung der Verhältnisse. Nur was in die Augen springt und offenbar am Tage liegt, dürfen wir glauben.

Es hat noch keinen großen Geist ohne eine Beimischung von Wahnsinn gegeben.

Es ist ein hartes, lästiges, nur mit niedergeschlagenem Blick auszusprechendes Wort: Ich bitte. Das muß man einem Freunde und einem jeden, den man sich durch zuvorkommendes Verdienst zum Freunde machen will, erleichtern.

Es ist etwas Schönes, sagt Epikur, um eine vergnügte Armut. Aber das ist schon nicht mehr Armut, wenn man dabei vergnügt ist. Wer mit der Armut gut auskommt, der ist reich.

Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nützen.

Es ist nichts Rühmliches daran, dankbar zu sein, wenn man nicht ohne Gefahr undankbar sein kann.

Es ist schön, unter angesehenen Männern hervorzustechen.

Es kommt nicht darauf an, wie vielen, sondern welchen du gefällst.

Es wird keiner sein, der sich nicht über einen Undankbaren zu beschweren hätte. Es wäre aber nicht möglich, daß sich alle beschwerten, wenn man sich nicht über alle zu beschweren hätte. Folglich sind alle undankbar.

Es wird sich einer gegen Unbilden nicht zu stellen wissen, wenn man ihm nie etwas abgeschlagen, wenn ihm das sorgliche Mütterchen immer die Tränen abgewischt, wenn man ihn immer gegen den Hofmeister in Schutz genommen hat.

Fang jetzt an zu leben und zähle jeden Tag als ein Leben für sich.

Für einen, der nicht weiß, welchen Hafen er ansteuern will, gibt es keinen günstigen Wind.

Geben wir dem Weisen einen Staat, der seiner würdig ist, nämlich das Weltall, dann steht er auch in der Zurückgezogenheit nicht außerhalb aller Gemeinschaft.

Gefolgschaft, mit Geld erkauft, wird von Geld zerstört.

Gerade das aber ist ein Beweis dafür, daß wir auf dem Weg der Besserung sind, wenn wir unsere Fehler, von denen wir bisher nichts wußten, klar erkennen. Manche Kranke beglückwünscht man, wenn sie anfangen, sich krank zu fühlen.

Gleich wichtig ist es, sich bei der Freude wie beim Schmerz zu mäßigen.

 Top