Wilhelm Raabe

90 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

"Es kommt immer ganz anders!" Das ist ein wahres Wort und im Grunde zugleich auch der beste Trost.

"Es kommt, wie es kommen muß", ist die Ausrede aller Faulpelze.

"Himmel" leitet die deutsche Sprache von dem alten Wort "Heime", "Heimat" ab.

Allen Vorkommnissen des Lebens gegenüber hat man sich nur immer vorzuhalten, daß man sich doch nur in einer Kinderstube befinde, wo die unartigen vorwiegen.

Alles Glücklichsein ist das eines Kindes im Theater. Das Alter weiß, wie die Dekoration von hinten aussieht und der Schauspieler zu Hause. Freilich bleiben die meisten bis zu ihrem Tode große Kinder.

Alles in der Welt geht in der Wellenlinie. Jede Landstraße und so weiter. Wehe dem, der überall das Lineal anlegt!

Arme Sünder allesamt: "Da ich mir selber nicht imponiere, braucht mir auch kein anderer zu imponieren."

Auf leisten Sohlen wandeln die Schönheit, das wahre Glück und das echte Heldentum.

Bedenke, daß der erste Grundsatz aller Lebensweisheit und Ökonomie ist, jede gute Stunde an einem luftigen und trockenen Orte vorsorglich sicherzustellen, auf daß man sie habe und sie sofort vom Brett herunternehmen könne, wenn einmal die Zeiten teuer und die frischen Gemüse rar werden sollten.

Da sprach in der Karawanserei zu Bagdad der Erzähler zu den Kaufleuten, Kalendern und Kriegern, zu allem übrigen Volk im Kreise ,Ja, siehe, wir gehören auch zu den vornehmen Herren der Erde; denn wie Könige bringen wir die Menschen zum Weinen und zum Lachen".

Das Behagen am Dasein verdirbt sich der Mensch sehr häufig durch seine sogenannten "starken Seiten".

Das Beste gehört nicht uns zu, und wir wissen nicht, von wem wir's haben. Was sind wir allesamt anderes als Boten, die versiegelte Gaben zu unbekannten Leuten tragen?

Das Drama ist die Kunstform der Monarchie, der Roman die Kunstform der Demokratie. Ein dramatischer Republikaner ist ein Unding und wird sich immer als ein solches ausweisen.

Das Genie macht die Fußstapfen. Das nachfolgende Talent tritt in dieselben hinein, tritt sie aber schief.

Das Mißbehagen der Menschen steigt verhältnismäßig. Ein Glücklicher wird grade so arg durch eine kleine Unbequemlichkeit gequält wie ein Unglücklicher durch großes Malheur.

Das schönste Gefühl auf dieser Erde: Nicht mehr nötig zu sein. Nicht mehr gebraucht zu werden.

Das, was man "Laxe Moral" nennt, ist dann und wann nur eine behagliche, gutmütige Teilnahme an der Komödie auf der Bühne der Menschheit.

Der größte Fortschritt der Zeit liegt darin, daß jeder anständige Mensch, der jetzt viel Geld erworben oder überkommen hat, das Gefühl in sich trägt, als ob er sich auf irgendeine Weise deswegen entschuldigen müsse.

Der Herr läßt Gras wachsen auf den hohen Bergen. Aber als lieber Gott hat er seinen schönen Blumen den Aufenthalt doch mehr im Tal angewiesen.

Des Menschen Herz kann am glücklichsten sein, wenn es sich so recht sehnt.

Die interessantesten Zeiten des Menschendaseins sind nicht die, in welchen man sich der Illusion hingibt, sein Leben selbst führen zu können, nach links oder rechts abzuweichen, zu beharren oder aufzugeben, sondern die, in denen man den Flügelschlag des Schicksals deutlich über seinem Kopfe rauschen hört.

Die Klugen haben wahrhaftig lange nicht soviel Beweglichkeit in die Welt gebracht und soviel Glückliche drin gemacht wie die Einfältigen.

Die meisten Menschen sind Münzen, nur wenige sind Prägestöcke.

Die wirklichen großen Herren in der Welt knöpfen erst im Tode ihren Oberrock auf, um ihren Stern zu zeigen.

Diejenigen, welche mit heiterem Lächeln den uralten bitteren Kampf führen, können in der rechten Stunde und zumal in der Stunde des Sieges ernst genug sein. Sie vor allen anderen Erdenbürgern werden am wenigsten es wagen, des Lebens rätselhafte Tiefen durch leichtsinnigen Scherz zu überbrücken.

Ein Licht geht von der Mutter aus, das von keiner Dunkelheit und noch viel weniger von einem anderen Licht in der Welt überwältigt werden kann.

Ein Weib möchte immer alles gern selber verrichten, aber zugleich immer einen haben, dem es die Verantwortung dafür in die Schuhe schieben könnte.

Eine französische vornehme Dame sagte einmal: "Wer geniert sich vor seinem Kammerdiener! " Das ist das Kennzeichen eines Genies, sich nicht vor der ganzen Nation zu genieren.

Erkenntnis macht frei, Bildung fesselt, Halbbildung stürzt in Sklaverei.

Erst durch Lesen lernt man, wieviel man ungelesen lassen kann.

Es gibt Dinge, Verhältnisse, Zustände und Berufsarten, gegen die der Mensch sich mit Händen und Füßen wehrt, wenn er hineingerät, und die er nachher ganz und gar für sich zugeschnitten findet, wenn er endlich drinsteckt.

Es gibt eine Vornehmheit, d. h. eine Unbefangenheit des Plebs, die dem Bourgeois ewig ein Rätsel bleibt.

Es ist am Ende doch nur der Ernst in den Büchern, welcher sie erhält.

Es ist ein wollüstig süßes Gefühl, sich als Märtyrer zu fühlen.

Es kommt für alle Menschen eine Zeit, wo sie sich vor nichts mehr fürchten als vor dem, was man in der Welt Vergnügen zu nennen pflegt.

Es wird sehr vieles dem bösen oder guten Willen des einzelnen in die Schuhe geschoben, was doch nur das Schicksal ist und wofür und wogegen einer wie der andere nicht das geringste vermag.

Gegen ein Vorurteil im kleinen wie im großen ist's stets das Nützlichste, sich unter dem Winde anzuschleichen.

Gehet nach dem Stern der Liebe, meine Kinder!

Goethe ist der deutschen Nation gar nicht der Dichterei usw. wegen gegeben, sondern daß sie aus seinem Leben einen ganzen vollen Menschen von Anfang bis zum Ende kennenlernen. Keinem anderen Volk ist je ein solches Geschenk von den Himmlischen gemacht worden.

Gott ist nicht wählerisch in seinen Boten und Werkzeugen, und die irren sich, die da meinen, daß er die Welt mit spitzen Fingern anfasse und das Nämliche von ihnen verlange.

Gott sei Dank, daß der Spaß nicht totzukriegen ist in dieser so sehr mürrischen Welt!

Humor ist der Schwimmgürtel auf dem Strome des Lebens.

Ich bin in meiner Jugend mit alten Leuten umgegangen und gehe in meinem Alter mit jungen um. Das ist die Weise, wie der Mensch möglichst behaglich durch die Welt kommen mag.

Ich bin mein ganzes Leben durch die heiße Hand an der Gurgel mit der Frage "Was wird mit dir und den Deinen morgen?" nicht los geworden. Und so ist das, was ihr meine komische Heiterkeit nennt, nichts als das Atemschöpfen eines dem Ertrinken Nahen.

Ich habe es bis jetzt auch nicht gewußt, daß die Sorge mit das Beste in der Welt ist.

Ich habe nicht immer das Gefühl. Als sei es gerade meine Pflicht und Schuldigkeit, dem Herrgott seine verpfuschte Welt wieder einzurenken.

Ich halte das Lachen für eine der ernsthaftesten Angelegenheiten.

Im Augenblick, wo der echte Künstler schafft, hat er weder Weib noch Kind und am allerwenigsten Freunde.

In Deutschland hat mehr als in irgendeinem andern Lande der Welt nur der Pöbel Geld und wendet es in seiner Weise an.

Je mehr ihm das Leben entglitt, desto mehr wurde er Dichter.

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