Heinrich von Kleist

108 Zitate, Sprüche & Aphorismen Autor

Hinaus mir über die Gefilde, sag ich, / und mir die Rosen, die der Lenz verweigert, / mit eurem Atem aus der Flur gehaucht! / An euer Amt, ihr Priesterinnen der Diana, / daß eures Tempels Pforten rasselnd auf, / des glanzerfüllten, weihrauchduftenden / mir, wie des Paradieses Tore, fliegen! / Zuerst den Stier, den feisten, kurzgehörnten, / mir an den Altar hin; das Eisen stürz' ihn, / das blinkende, an heil'ger Stätte lautlos, / daß das Gebäu erschüttere, darnieder! / Ihr Dienrinnen, ihr rüstigen, des Tempels, / das Blut - wo seid ihr? - rasch, ihr emsigen! - / mit Perserölen, von der Kohle zischend, / von des Getäfels Plan hinweggewaschen! / Und all ihr flatternden Gewänder, schürzt euch, / ihr goldenen Pokale, füllt euch an, / ihr Tuben, schmettert, donnert, ihr Posaunen, / der Jubel mache, der melodische, / den festen Bau des Firmamentes beben! / O Prothoe! Hilf jauchzen mir, frohlocken, / erfinde, Freundin, Schwesterherz, erdenke, / wie ich ein Fest jetzt göttlicher, als der / Olymp durchjubelte, verherrliche.

Ich begreife nicht, wie ein Dichter das Kind seiner Liebe einem so rohen Haufen, wie die Menschen sind, übergeben kann.

Ich betrachte die Musik als die Wurzel aller übrigen Künste.

Ich erkenne nur ein höchstes Gesetz an, die Rechtschaffenheit, und die Politik kennt nur ihren Vorteil.

Ich will im eigentlichsten Verstande ein Bauer werden, mit einem etwas wohlklingenderen Worte, ein Landmann.

Immer trägt die Jugend das Geheimnis im Herzen, wie den Vogel in der Hand.

Ist es auf Reisen, dass man Geliebte suchet und findet?

Je öfter ich Berlin sehe, je gewisser wird es mir, dass diese Stadt, so wie alle Residenzen und Hauptstädte, kein eigentlicher Aufenthalt für die Liebe ist. Die Menschen sind hier zu zierlich, um wahr, zu gewitzigt, um offen zu sein.

Jeder Busen ist, der fühlt, ein Rätsel.

Jeder trägt den leid'gen Stein zum Anstoß in sich selbst.

Jedwedes Heer liebt, weißt du, seinen Helden.

Jedwedes Übel ist ein Zwilling.

Kein Gold besticht ein empörtes Gewissen.

Kümmre dich nicht um deine Bestimmung nach dem Tode, weil du darüber leicht deine Bestimmung auf dieser Erde vernachlässigen könntest.

Küsse, Bisse, / das reimt sich, und wer recht von Herzen liebt, / kann schon das eine für das andre greifen.

Laßt uns vereint, ihr Könige, noch einmal / Vernunft keilförmig mit Gelassenheit / auf seine rasende Entschließung setzen.

Man nimmt ein falsches Kleid, ein Hausgerät; / doch einen Mann greift man im Finstern.

Man sollt' ihm Maine und Anjou / übergeben. / Was weiß ich, was er alles / mocht' erstreben! / Und jetzt begehrt er nichts mehr / als die eine / - ihr Menschen, eine Brust her, / daß ich weine!

Mein süßes Kind! Sieh, wär' ich ein Tyrann, / dein Wort, das fühl' ich lebhaft, hätte mir / das Herz schon in der ehrnen Brust geschmelzt. / Dich aber frag' ich selbst: Darf ich den Spruch, / den das Gericht gefällt, wohl unterdrücken?

Mit demselben Gefühle, mit welchem du bei dem Abendmahle das Brot nimmst aus der Hand des Priesters, mit demselben Gefühle, sage ich, erwürgt der Mexikaner seinen Bruder vor dem Altare seines Götzen.

Musik, ihr Fraun, Musik! Ich bin nicht ruhig. / Laßt den Gesang erschallen! Macht mich still!

Müssten wir wieder von dem Baum der Erkenntnis essen, um in den Stand der Unschuld zurückzufallen? - Allerdings, das ist das letzte Kapitel von der Geschichte der Welt.

Narr, du prahlst, ich befried'ge dich nicht! Am Mindervollkommnen / sich erfreuen zeigt Geist, nicht am Vortrefflichen, an!

Nicht aus des Herzens bloßem Wunsche keimt / des Glückes schöne Götterpflanze auf. / Der Mensch soll mit der Mühe Pflugschar sich / des Schicksals harten Boden öffnen, soll / des Glückes Erntetag sich selbst bereiten / und Taten in die offnen Furchen streun.

Nicht durch Worte, aber durch Handlungen zeigt sich die wahre Treue und wahre Liebe.

Nicht jeden Schlag ertragen soll der Mensch, / und welchen Gott faßt, denk' ich, der darf sinken.

Nimm mir / das Aug', so hör' ich ihn, das Ohr, ich fühl' ihn, / mir das Gefühl hinweg, ich atm' ihn noch! / Nimm Aug' und Ohr, Gefühl mir und Geruch, / mir alle Sinn' und gönne mir das Herz, / so läßt du mir die Glocke, die ich brauche: / Aus einer Welt noch find ich ihn heraus.

Nirgends kann man den Grad der Kultur einer Stadt und überhaupt den Geist ihres herrschenden Geschmacks schneller und doch zugleich richtiger kennen lernen als - in den Lesebibliotheken.

Nun, o Unsterblichkeit, bist du ganz mein! / Du strahlst mir durch die Binde meiner Augen / mit Glanz der tausendfachen Sonne zu! / Es wachsen Flügel mir an beiden Schultern, / durch stille Aetherräume schwingt mein Geist; / und wie ein Schiff, vom Hauch des Winds entführt, / die muntre Hafenstadt versinken sieht, / so geht mir dämmernd alles Leben unter: / Jetzt unterscheid' ich Farben noch und Formen, / und jetzt liegt Nebel alles unter mir. / Ach, wie die Nachtviole lieblich duftet!

O lege den Gedanken wie einen diamantenen Schild um deine Brust: Ich bin zu einer Mutter geboren! Jeder andere Gedanke, jeder andere Wunsch fahre zurück von diesem undurchdringlichen Harnisch.

O, wie er mit der Linken / vor über seiner Rosse Rücken geht! / Wie er die Geißel umschwingt über sie! / Wie sie, von ihrem bloßen Klang erregt, / der Erde Grund, die göttlichen, zerstampfen! / Am Zügel ziehn sie, beim Lebendigen, / mit ihrer Schlünde Dampf das Fahrzeug fort! / Gehetzter Hirsche Flug ist schneller nicht!

Ob du's im Tagebuch anmerkst? Handle! War es was Böses, / fühl' es, o Freund, und vergiß! Gutes? Vergiß es noch ehr!

Pfleg deiner Tugend, / nur führe sie nicht wie ein Schlittenpferd / stets durch die Straße!

Rom, wenn, gebläht von Glück, du mit drei Würfeln doch / nicht neunzehn Augen werfen wolltest!

Sie sank, weil sie zu stolz und kräftig blühte. / Die abgestorbne Eiche steht im Sturm, / doch die gesunde stürzt er schmetternd nieder, / weil er in ihre Krone greifen kann.

Siehe, das nenn' ich doch würdig, fürwahr, sich im Alter beschäftigen! / Er zerlegt jetzt den Strahl, den seine Jugend sonst warf.

So schlecht von jenem Preis nicht wirst du denken, / um den du spielst, als daß du wähnen solltest, / das, was er wert, sei schon für ihn geschehn.

Staub lieber als ein Weib sein, das nicht reizt!

Stehe fest, wie das Gewölbe steht, / weil seiner Blöcke jeder stürzen will! / Beut deine Scheitel, einem Schlußstein gleich, / der Götter Blitzen dar und rufe: Trefft!

Um eines Siegs, / der deine junge Seele flüchtig reizt, / willst du das Spiel der Schlachten neu beginnen? / Weil unerfüllt ein Wunsch, ich weiß nicht welcher, / dir im geheimen Herzen blieb, den Segen, / gleich einem übellaun'gen Kind, hinweg, / der deines Volks Gebete krönte, werfen?

Was dich, fragst du, verdammt, stets mit den Dienern zu hadern? / Freund, sie verstehen den Dienst, aber nicht du den Befehl.

Weg mit allen Vorurteilen, weg mit dem Adel, weg mit dem Stande - gute Menschen wollen wir sein und uns mit der Freude begnügen, die die Natur uns schenkt.

Wehe dir, daß du kein Tor warst jung, da die Grazie dir Duldung / noch erflehte! Du wirst, Stax, nun im Alter es sein.

Weißt du, was die alten Männer tun, wenn sie 50 Jahre lang um Reichtümer und Ehrenstellen gebuhlt haben? Sie lassen sich auf einen Herd nieder und bebauen ein Feld. Dann, und dann erst, nennen sie sich weise. Sage mir, könnte man nicht klüger sein als sie, und früher dahin gehen, wohin man am Ende doch soll?

Welch ein unsägliches Glück mag in dem Bewusstsein liegen, seine Bestimmung ganz nach dem Willen der Natur zu erfüllen.

Wenn alle Menschen statt der Augen grüne Gläser hätten, so würden sie urteilen müssen, die Gegenstände, welche sie dadurch erblicken, sind grün.

Wenn die Dardanerburg, Laertiade, versänke, du verstehst, so daß ein See, ein bläulicher, an ihre Stelle träte; / wenn graue Fischer bei dem Schein des Monds / den Kahn an ihre Wetterhähne knüpften; / wenn im Palast des Priamus ein Hecht regiert', ein Ottern- oder Ratzenpaar im Bette sich der Helena umarmten: / So wär's für mich gerad' so viel als jetzt.

Wenn du etwas wissen willst und es durch Meditation nicht finden kannst, so rate ich dir, mein lieber sinnreicher Freund, mit dem nächsten Bekannten, der dir aufstößt, darüber zu sprechen. Es braucht nicht eben ein scharfdenkender Kopf zu sein.

Wenn man sich so lange mit ernsthaften abstrakten Dingen beschäftigt hat, wobei der Geist zwar seine Nahrung findet, aber das arme Herz leer ausgehen muss, dann ist es eine wahre Freude, sich einmal ganz seinen Ergießungen zu überlassen; ja es ist selbst nötig, dass man es zuweilen ins Leben zurückrufe.

Wenn wir von den Dichtern verlangen wollen, dass sie so idealisch sein sollen wie ihre Helden, wird es noch Dichter geben?

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